DEG-Geschichte: Meisterschaft 1975 „Da haben wir die Maschine zum Wackeln gebracht“

Düsseldorf · Eishockey Die Saison ist abgebrochen, die DEG hat keine Chance auf Titel Nummer neun. Also blickt die WZ auf alte Erfolge: Heute erinnert sich Walter Köberle an eine „luftige“ Feier 1975.

 Vom Titelgewinn erfuhren sie im Flugzeug, groß gefeiert wurde später an der Brehmstraße. Da wurde Walter Köberle auf den Schultern durchs alte Eisstadion getragen.

Vom Titelgewinn erfuhren sie im Flugzeug, groß gefeiert wurde später an der Brehmstraße. Da wurde Walter Köberle auf den Schultern durchs alte Eisstadion getragen.

Foto: Horstmueller/HORSTMUELLER GmbH

Die Eishockey-Saison 1974/75 war für Walter Köberle bereits die vierte im Trikot der Düsseldorfer EG, doch erst die zweite mit für ihn völlig neuen Erfahrungen. Ab 1973 arbeitete der Stürmer erstmals in seiner Karriere unter Anleitung eines kanadischen Trainers.

Der 2011 im Alter von 79 Jahren verstorbene Chuck Holdaway hatte damals den nach dem Titelgewinn von 1972 vom Erfolg verlassenen Xaver Unsinn abgelöst. „Chuck hat uns das Forechecking beigebracht. Der erste Stürmer ist früh und aggressiv auf den Körper des Gegners gegangen, der zweite hat ihn dabei abgesichert. Das war uns in der Form vorher unbekannt gewesen, zudem haben wir unter Chuck viele neue taktische Sachen gelernt“, sagt Köberle im Gespräch mit der WZ.

Dinge, die sich im zweiten Jahr auszahlen sollten. Die DEG holte sich nach 1967 sowie 1972 ihre dritte Deutsche Eishockey-Meisterschaft und entthronte dabei just den von Xaver Unsinn trainierten Rekord-Titelträger Berliner SC. Doch wo sich die Spieler heute in schweißgetränkten Trikots Sekt über den Kopf schütten, blieb seinerzeit bei der DEG die große Sause erst einmal aus. Es waren andere Zeiten – Zeiten ohne Play-offs und damit ohne die eine, alles entscheidende Partie.

Die DEL hieß da noch Bundesliga, und 1974/75 kämpften in ihr zehn Mannschaften um den Titel. Jede trat gegen jede viermal an, für einen Sieg wurden lediglich zwei Punkte vergeben und bei einem Unentschieden trennten sich die Kontrahenten einfach mit der Teilung dieser Punkte. Wie anders die Zeiten waren, zeigt die Zusammensetzung der Liga. Von den zehn Klubs sind mit der DEG, Köln sowie Krefeld nur drei auch aktuell erstklassig – und ausgerechnet Köberles Heimatverein ESV Kaufbeuren musste in jenem Jahr den bitteren Gang in die zweite Liga antreten.

Ein neuer Spielstil und der breite Kader waren die Trümpfe der DEG

Bedröppelte Mienen gab es am 16. Februar 1975 allerdings auch bei der DEG. Mit fünf Punkten Vorsprung waren die Rot-Gelben zum Spiel beim EV Landshut gereist. Dort setzte es ein 3:5 und Berlin drohte zwei Runden vor Schluss, bis auf drei Zähler an die DEG heranzurücken. Im Flugzeug auf der Rückreise nach Düsseldorf herrschte deshalb eisernes Schweigen, als sich plötzlich aus dem Cockpit der Kapitän meldete: „Berlin hat beim SC Riessersee mit 2:4 verloren, ich gratuliere Ihnen zur Deutschen Meisterschaft.“ „Da haben wir die Maschine aber mal ganz schön zum Wackeln gebracht“, sagt Walter Köberle. Der 71-Jährige erinnert sich noch heute gerne daran: „Als wir am Eisstadion an der Brehmstraße angekommen waren, haben uns mehrere Hundert Fans euphorisch empfangen und wild getanzt.“

Das Geheimnis des Erfolges lag neben der durch Holdaway veränderten Spielweise auch im Kader begründet. „Wir hatten in Rainer Makatsch einen ganz starken Torhüter sowie in Petr Hejma den besten Ausländer der Liga. Hinzu kam, dass wir nicht nur über zwei, sondern über drei gute Angriffsreihen verfügten. Unser Kader war in der Tiefe einfach besser besetzt als andere“, erklärt Köberle.

Mit der Herrlichkeit war es dann jedoch schnell vorbei. Als Folge der durch Präsident Sigo Breidenbach verursachten Brutto-für-Netto-Bezahlung der Spieler musste die DEG rund 1,5 Millionen Euro an Steuern nachzahlen. „Plötzlich war kein Geld mehr vorhanden“, sagt Köberle. Der Allgäuer blieb noch bis 1981 und ist danach in Düsseldorf genauso sesshaft geworden wie Wolgang Boos (Füssen), Walter Stadler (Rosenheim) und Otto Schneitberger (Bad Tölz). Das Quartett trifft sich oft und erinnert sich dann sicher auch immer wieder gerne an den Titelgewinn „in der Luft“.

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