Düsseldorf EG Tim Conboy: Der Abwehrchef der DEG kann nicht mehr

Tim Conboy muss seine Karriere beenden. Das Knie macht Probleme. Die DEG wird ihn auf und vor allem neben dem Eis vermissen.

 Tim Conboy spielte gern den rauen Schlägertypen: Hier in einem Altstadt-Pub.

Tim Conboy spielte gern den rauen Schlägertypen: Hier in einem Altstadt-Pub.

Foto: Moritz Müller, Häfner

Düsseldorf. Das am Freitag, das wäre noch mal genau das richtige Spiel für Tim Conboy gewesen. Wenn die Eishockey-Saison in die entscheidenden Wochen geht, ist der Mann mit den beeindruckenden Oberarmen in seinem Element. Dann führt er die eigene Mannschaft an und schüchtert die gegnerische ein. Und wenn es wie am Freitag gegen die Kölner Haie geht, ist Conboy ohnehin nicht zu stoppen. Gegen seinen „Lieblingsgegner“ ließ er sogar schon im Testspiel die Fäuste fliegen und legte sich mit dem Publikum an.

Und natürlich hat er den größten Erfolg seiner Karriere gegen die Haie erlebt. Damals 2014, da hat er noch die Abwehr des ERC Ingolstadt zusammengehalten und den Außenseiter im siebten Finalspiel zur Meisterschaft geführt. Bis heute verehren sie ihn in Ingolstadt. Wahrscheinlich werden sie das noch in Jahrzehnten tun. Wenn er alt und grau ist und Jubiläen gefeiert werden. Dann werden sie ihn einfliegen und auf Bühnen stellen.

Ob sie das auch in Düsseldorf tun werden? Vermutlich nicht. Dabei gehört der US-Amerikaner zu den Lieblingen der DEG-Fans. Nichts mag das Eishockey-Publikum ja mehr als den Abwehrschrank, der nicht mehr alle Zähne im Mund hat, weil er sich in Schüsse wirft, Checks fährt und die Mitspieler beschützt.

Doch das wird nicht mehr zu sehen sein. Am Dienstag machte die DEG das offiziell, was jeder geahnt hatte: Tim Conboy, 35, muss seine Karriere beenden. Das Knie will den Belastungen der Deutschen Eishockey Liga nicht mehr standhalten. Am Donnerstag wird er erneut in Duisburg operiert, dann dürfte es das gewesen sein mit dem Profisport.

Fast die ganze Saison schon hatte der vermeintliche Abwehrchef gefehlt. Und auch in den Jahren davor war er selten verletzungsfrei geblieben. In seinen vier Düsseldorfer Jahren kommt er auf 107 Spiele. Dafür auf 336 Strafminuten.

Conboy spielte mit dem Klischee des Schlägertypens. Mal ließ er seinen Bart lang wachsen wie ein Wikinger, mal rasierte er sich Nacken und Seiten aus wie ein Soldat. Hauptsache martialisch. Für den Boulevard setzte er sich mit nacktem Oberkörper in ein Altstadt-Pub, spannte die tätowierten Arme an und stemmte ein Guinness in die Kamera. Er „liebe irisches Bier und Schlägereien“ stand drüber.

Wer ihn abseits des Eises ohne Kameras trifft, sieht jemand anderen. Einen herzensguten Menschen, der viel lacht, kluge Sachen sagt und an der Welt interessiert ist. Auf den ersten Blick ist Conboy nur eine weitere dieser nordamerikanischen Eishockey-Kanten, die die Karriere für gutes Geld in Europa ausklingen lassen ohne sich für die temporäre Heimat zu interessieren. Auf den zweiten Blick taugt Conboy so gar nicht zum Klischee des oberflächlichen US-Amerikaners. Er hat eine dezidierte Meinung zum amerikanischen Gesundheitssystem und zum Leben in Europa. Er beantwortet nicht nur Fragen, er stellt auch welche. Bei einem Pressetermin für einen Wrestlingabend im Dome zeigte er sich interessierter am alltäglichen Leben der Showkämpfer als mancher Reporter. Gesprächen mit Fans geht er nie aus dem Weg, er weiß, wer sein Gehalt zahlt. Ein „großartiger Sportsmann und ein toller Mensch“ sei er, sagt Geschäftsführer Stefan Adam in der Mitteilung der DEG.

Dass sich der Verein einen neuen Abwehrchef suchen muss, ist schon länger kein Geheimnis, aber es geht auch darum, einen Anführer zu finden. Trotz seiner vielen Verletzungen und trotz Daniel Kreutzer war Conboy über Jahre eine der wichtigsten Personen in der DEG-Kabine. Ihm hörten die anderen zu, weil er auch fernab seiner Qualitäten als Faustkämpfer auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken kann. Er hat fast 800 Profispiele bestritten und mehr als 150 Scorerpunkte gesammelt. Er hat gegnerische Topstürmer ausgeschaltet und gute Aufbaupässe gespielt. Auch wenn das zuletzt weniger wurde.

Obwohl ihn von Beginn an eine Handverletzung beeinträchtigte, schaffte er es in die NHL und wurde danach in der zweitklassigen AHL sowie der DEL Führungsspieler. Conboy bringt diese natürliche Autorität mit. Wenn die Kinder der Spieler nach Spielen zu wild im Kabinengang tobten, reichte von ihm meist ein Blick, um für Ruhe zu sorgen. Diesen Blick kennen auch seine Gegenspieler. Ja, das Spiel gegen Köln, das wäre genau das richtige für Tim Conboy.

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