Eishockey Der wichtigste Mann der Düsseldorfer EG

Düsseldorf · Berühmter Vater, gebürtiger Düsseldorfer, überragender Torhüter. Mathias Niederberger hat zentrale Bedeutung für die DEG — sportlich wie wirtschaftlich. Doch sein Vertrag läuft bald aus.

 Den Puck hat er sicher, das Tor bleibt sauber: Mathias Niederberger hat sich zu einem der besten deutschen Torhüter entwickelt.

Den Puck hat er sicher, das Tor bleibt sauber: Mathias Niederberger hat sich zu einem der besten deutschen Torhüter entwickelt.

Foto: Birgit Häfner

Am Sonntag stand er da wieder in der Interviewzone des Rather Domes. Verschwitzt, aber erleichtert. Und dort, wo eben noch seine Torhütermaske saß, war nun dieser „schicke“ Cowboyhut zu sehen, den Düsseldorfs Eishockeyprofis diese Saison intern immer an den Spieler des Spiels vergeben. Gegen Schwenningen hieß der mal wieder Mathias Niederberger. Weil der Torwart seine müden Vorderleute mit spektakulären Paraden zu einem glücklichen 3:2-Sieg geführt hatte.

Niederberger trug den Hut nicht zum ersten Mal, er war ja nicht zum ersten Mal der Beste. Er ist das fast immer. Nach rund einem Drittel der Hauptrunde steht er bei 93,98 Prozent Fangquote, 1,67 Gegentoren pro Spiel und drei Shutouts (Zu-null-Spiele) — kein Stammtorhüter der Deutschen Eishockey Liga hat bessere Werte. Und kein Spiel vergeht ohne Sonderlob von Mitspielern, Gegnern oder neutralen Beobachtern. Trainer Harold Kreis nannte ihn jüngst ebenso schlicht wie treffend „überragend“. Auch er weiß: Niederberger ist der Hauptgrund dafür, warum die DEG nach 17 Spielen auf Rang drei steht.

Neu ist das nicht, bereits in der Vorsaison hatte er die beste Fangquote (92,89 Prozent) und den drittbesten Gegentorschnitt (2,19) der DEL. Auch da war sein Anteil an der gelungenen DEG-Saison (Platz fünf) nicht gerade klein. Doch das war noch nichts gegen seinen Vortrag bei der folgenden WM. Bis NHL-Torhüter Philipp Grubauer (Colorado) in der Slowakei eintraf, war Niederberger die Nummer eins im deutschen Tor. Seine Fangquote von 94,17 Prozent und seine 1,77 Gegentore im Schnitt wurden von nur zwei Artgenossen überboten: Finnlands Weltmeister Kevin Lankinen und Russlands Andrei Vasilewski, Torwart des Turniers und einer der Besten der Welt. Für zwei Wochen war Niederberger in diesen Kategorien zu Hause, da brachte er Superstars aus der NHL zum Verzweifeln, die alleine mehr verdienen als die komplette DEG.

Als Nummer eins in den Deutschland Cup

Die Form hat er über den Sommer gerettet. Und begründet das mit „mehr Erfahrungen und vielen Kleinigkeiten, an denen ich gearbeitet habe“. Da geht es nicht nur um Winkel und Bewegungen, es geht vor allem um den mentalen Bereich: „Wenn du jung bist, willst du alles körperlich lösen, dann will man immer höher und weiter. Aber manchmal ist es auch gut, einfach im Moment zu sein und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.“ Das sieht man, Niederberger wirkt ruhiger als in seinen ersten Profijahren, er behält selbst dann die Übersicht, wenn es in seinem Torraum zugeht wie in der U-Bahn in Tokio.

Da überrascht es wenig, dass Niederberger wieder dabei ist, wenn die Nationalmannschaft am Donnerstag (19.45 Uhr/Sport 1) gegen Russland in den Deutschland Cup in Krefeld startet. Und das nicht als einer von vielen, sondern als der Mann im deutschen Tor. So sieht er sich auch selbst, weil er „das Vertrauen des Trainers“ spürt, wie er sagt. Und Überhaupt: „Wenn man meine internationalen Leistungen sieht, dann kann ich etwas vorweisen.“

Das hatten ihm vor einigen Jahren nicht viele zugetraut. Zwar war er schon mit 24 Jahren DEL-Torwart des Jahres, doch ihn begleitete stets Skepsis. Vor allem von den eigenen Fans. Mit 1,80 Meter sei er zu klein für das moderne Torwartspiel, hieß es, und erst die ständigen Gegentreffer über die Schulter. Plötzlich sahen auch seine Zahlen nicht mehr gut aus: Zwei Jahre lang kassierte er fast drei Gegentore im Schnitt, in der zweiten Saison hielt er keine 90 Prozent der Schüsse. Niederberger das One-Hit-Wonder. Ein überragendes Jahr, nicht mehr.

 Auf der großen WM-Bühne in der Slowakei spielte er groß auf: Mathias Niederberger nach dem 3:1 gegen Großbritannien.

Auf der großen WM-Bühne in der Slowakei spielte er groß auf: Mathias Niederberger nach dem 3:1 gegen Großbritannien.

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Nun wird ganz anders über ihn gesprochen. Nun scheint nicht das eine gute, nun scheinen die zwei schwächeren Jahre die Ausnahme zu sein. Das freut DEG-Manager Niki Mondt, doch gleichzeitig ist es sein Problem: Denn Niederbergers Vertrag läuft am Saisonende aus. Kann er ihn verlängern? „50:50“, sagt der Manager, „er fühlt sich wohl, und wir möchten ihn behalten. Aber es wird schwer, gegen die Großen anzukommen.“ Mannheim, München, Köln, Berlin — allesamt wohlhabender als die DEG, allesamt potenziell interessiert. Denn entweder sind ihre Stammtorhüter in die Jahre gekommen oder sie haben nicht (mehr) Niederbergers Niveau.

Die „großen Vier“ der DEL könnten alle interessiert sein

Er selbst blockt ab: „Auch das habe ich gelernt: Dass ich mich damit nicht beschäftige. Das machen Leute, die wissen, was ich möchte“ Die Frage ist: Was möchte er? Geld verdienen, logisch. Erfolg haben, logisch. Aber opfert er dafür das Leben in der Heimat? Oder die Chance, als einer der ganz Großen in die DEG-Geschichte einzugehen? Irgendwann in einer Reihe zu stehen mit Rainer Gossmann, Rainer Makatsch, Helmut de Raaf oder Andrej Trefilow?

Das aktuelle Gesicht des Vereins ist er jetzt schon. Was auch an seinem Nachnamen liegt. Vater Andreas Niederberger war einer der Hauptdarsteller während der „goldenen Zeiten“ an der Brehmstraße mit fünf Meisterschaften von 1990 bis 1996. Sohn Mathias ist 1992 in Düsseldorf geboren und in der DEG-Jugend aufgewachsen. Dasselbe gilt für Bruder Leon, der nebenbei als Sänger Karriere macht. Auch Schwester Zoe flitzte schon als Kind über der Brehmstraße, als Eiskunstläuferin tritt sie bald bei „Holiday on Ice“ auf. Die Niederbergers — sie sind die neuen Kreutzers, keine andere Familie verkörpert den Düsseldorfer Eissport mehr. Und vermutlich ist Niederberger der einzige Name im Kader, den auch Menschen kennen, die die DEG nicht regelmäßig verfolgen.

Entsprechend wichtig wäre eine Vertragsverlängerung. Sportlich. Und in Sachen Vermarktung. Das weiß auch Mondt: „Hier bekommt niemand ein Angebot, nur weil er Düsseldorfer ist, aber natürlich ist das ein weiterer Grund neben seiner super Leistung, dass wir ihn gern behalten würden“, sagt er. Die Frage ist, wie viel der DEG das Gesamtpaket Mathias Niederberger wert ist. So viel, dass sie beim restlichen Kader Abstriche machen muss? Oder fragt sie die Gesellschafter um eine Extra-Spritze? Schwierig, wenn es doch das mehrmals kommunizierte Ziel ist, unabhängiger von den Mäzenen zu werden. Da hat es Trainer Kreis einfacher. Er muss sich nicht um Geld sorgen, sondern nur um die Mannschaft. „Ich mache die Verträge ja nicht“, sagt der Trainer schmunzelnd, „aber wenn, hätte ich da eine Empfehlung.“

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