80 Jahre DEG (Teil 1) 1935 — Düsseldorf entdeckt Eishockey

Das Eisstadion an der Brehmstraße lockt schon zur Eröffnung 5000 Menschen an. Nach neun Jahren und im Krieg war die Euphorie dahin.

Düsseldorf. „Trubel — das ist das richtige Wort. Denn das war ein Betrieb, wie ihn die Brehmstraße noch selten erlebt hat. […] Hupen begleiten geräuschvoll den eiligen Rhythmus der vielen Hundert, der Drei-, vielleicht auch Vier- oder Fünftausend, die alle das eine Ziel haben: Eisstadion!“ So steht es am 24. November 1935 in den „Düsseldorfer Nachrichten“, dem Vorläufer der Westdeutschen Zeitung, über eins der folgenreichsten Ereignisse in der Geschichte des Düsseldorfer Sports: die Eröffnung des Eisstadions.

Bislang hatten sie sich am Rhein vor allem für Turnen, Kraft- und Kampfsport sowie die angelsächsische Sportkultur (Fußball, Rugby, Hockey) interessiert. Zwar gab es den „Düsseldorfer Schlittschuhläuferverein“, der jeden Winter eine Betonfläche an der Altenbergstraße bewässerte, einen Getränkestand daneben stellte und eine Blaskapelle aufspielen ließ. Ein gutes Jahrhundert Industrialisierung hatte aber für steigende Temperaturen gesorgt, die natürliche Eiszeit wurde zur Ausnahme. Es musste Kunsteis her.

Die einzigen Eisstadien standen bis dahin in Berlin und München. Das sollte sich ändern. Der Berliner Hermann Kleeberg, der „Vater des deutschen Eishockeys“, suchte aktiv nach Verbündeten in anderen Städten, um den Bau neuer Hallen zu fördern. In Düsseldorf fand er den Industriellen und Sportmäzen Ernst Poensgen (“ siehe Kasten). Poensgen und seine Mitstreiter aus Wirtschaft, Sport und Politik gingen das Projekt Eisstadion nicht ohne Businessplan an. Drei Wochen vor der Eröffnung gründete sich auf seine Initiative im Industrieclub die Düsseldorfer Eislauf Gemeinschaft. Ursprünglich war die „kein Club, sondern ein Zusammenschluss aller eissportbegeisterten, eislauftreibenden Gleichgesinnten“, schrieb DEG-Mitglied und Weltverbands-Präsident Günther Sabetzki zum 40-Jährigen. Poensgen wollte verhindern, dass sich konkurrierende Vereine die Laufzeiten wegnehmen und konzipierte die DEG als Dach für die Eissportabteilungen aller anderen Vereine. Doch binnen kürzester Zeit entwickelte sie sich als eigener Verein mit begeisterten Mitgliedern und Fans. „Schuld“ daran hatte eben jene Eröffnung 1935, als 5000 Zuschauer die Eishockey-Stars vom Serienmeister Berliner Schlittschuhclub bejubelten.

Fortan hatte die Düsseldorfer dieser neue Sport gepackt, die DEG gründete ihre eigene Mannschaft. Im Vorfeld der Olympischen Spiele 1936 in Garmisch kamen Spitzenmannschaften aus Kanada und den USA an der Brehmstraße vorbei. Und Tausende schauten zu. Die bundesweiten Radioübertragungen aus Garmisch sowie die Sportförderung des NS-Regimes (Zentralisierung, Bau neuer Hallen) ließen den Sport rasant wachsen. Vor allem in Düsseldorf, das früh erste Spieler wie Lowka Dawidow aus Bayern und Berlin mit Arbeitsstellen lockte und 1937, zwei Jahre nach der Gründung, die Endrunde zur Deutschen Meisterschaft ausrichtete. Da hatte sie bereits einen hauptamtlichen Trainer und einen Geschäftsführer verpflichtet.

Coach Bobby Bell ging neue Wege. Waren unter den ersten Spielern ehemalige Feldhockeyspieler wie der legendäre Horst Orbanowski, setzte der Kanadier auf die vereinseigenen Eiskunstläufer um Serienmeister und Stadionchef Werner Rittberger. Binnen kürzester Zeit hatte sich die DEG unter den Spitzenteams etabliert, bereits 1938 wurde sie Vizemeister. Doch nach dem deutschen Überfall auf Polen und dem Weltkrieg ging es bergab. Ausrüstung aus Kanada war nicht mehr zu bekommen, Spieler gingen an die Front. Als der Krieg Düsseldorf erreichte, war an Sport kaum noch zu denken, Während eines Spiels 1943 fielen Bomben auf das Stadion. Ein Jahr später wurde es völlig zerstört. Im August 1944 stellten das NS-Regime sämtliche Sportveranstaltungen ein. Düsseldorfs gerade mal neun Jahre währende Eishockey-Euphorie war beendet.

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