Draufgänger und Zauberer

A wie Aufsteiger: Keiner steht für den Aufstieg von 1899Hoffenheim so sehr wie Vedad Ibisevic.

In der 2. Liga mehr als Dolmetscher denn als Stürmer gefragt, schwang sich der Bosnier in der Bundesliga mit 18Toren zum besten Schützen auf und ballerte den Dorfklub zur Herbstmeisterschaft.

B wieBundes-Jogi: Harald Schmidt vergleicht ihn gerne mit Tom Cruise. Sein Haar sitzt immer perfekt, seine Auftritte sind von "högschder" Konzentration geprägt. Fußball-Bundestrainer Joachim Löw führte seine Elf ins EM-Finale, auch in der WM-Qualifikation liegt Deutschland auf Kurs. Und: Löw entschied den Machtkampf mit Michael Ballack und Torsten Frings für sich.

C wie Charakterkopf: 25 Titel hat Noka Serdarusic in 15Jahren mit dem THWKiel geholt, machte ihn zur Handball-Größe in Deutschland und Europa. Trotzdem musste er im Sommer gehen. An seiner Arbeit lag es nicht. Ihm wurde Sturheit vorgeworfen, Egoismus, diktatorische Strenge sogar. Ende des Jahres hat der Erfolgstrainer einen neuen Vertrag unterschrieben - bei den Rhein-Neckar-Löwen.

D wie Draufgänger: In Deutschland spricht man wieder über die Formel 1. Grund dafür ist vor allem ein Mann: Sebastian Vettel. Seit dem 14.September ist der 21-Jährige der jüngste Sieger eines Formel-1-Rennens aller Zeiten. Im Regenchaos von Monza war er der Schnellste, knapp zwei Jahre nach dem letzten deutschen Grand-Prix-Sieg von Michael Schumacher.

E wie Einzelkämpfer: Das deutsche Profiboxen darbt vor sich hin. Felix Sturm ist einer der wenigen Lichtblicke. Der WBO-Weltmeister im Mittelgewicht verteidigte seinen Titel gegen Jamie Pittman und Sebastian Sylvester. Jetzt wünschen sich die Fans einen Kampf gegen IBF-Champion Artur Abraham. Doch da reden auch die Promoter mit. Deshalb sieht es dafür eher schlecht aus.

F wie Freudentag: Olympische Spiele bringen immer wieder Leute kurzzeitig ins Rampenlicht, die sonst kaum einer kennt. Davon können die Goldmedaillen-Gewinner Ole Bischof (Judo), Jan Frodeno (Triathlon), Hinrich Romeike (Vielseitigkeitsreiten), Lena Schöneborn (Fünfkampf), Alexander Grimm (Kanu), Benjamin Kleibrink (Fechten) und Sabine Spitz (Mountainbike) ein Lied singen. Anders Britta Heidemann (Fechten): Ihr Gold war fest eingeplant.

G wie Goldjunge: Ein Titel mit Ansage, und schuld ist der Name. Florian Keller holte mit den Hockey-Herren Gold in Peking. Wie zuvor schon Vater Carsten (1972), Halbbruder Andreas (1992) und Schwester Natascha (2004). Nur Opa Erwin tanzte aus der Reihe. Für ihn reichte es 1936 in Berlin "nur" zu Silber.

H wie Hochstapler: Jedes Jahr ein neuer Skandal. Die Tour de France wird zur großen Betrügerei, und man fragt sich nur noch, was dümmer ist: Überhaupt zu dopen oder sich dabei erwischen zu lassen. Der Tour-Dritte Bernhard Kohl gestand Doping, Stefan Schumacher beteuert trotz positiver A-Proben seine Unschuld. Und jetzt kehrt auch noch Lance Armstrong zurück. Der Radsport wird zur Farce.

I wie Irrfahrer: Peking sollten seine Spiele werden, doch wieder blieb Ruderer Marcel Hacker der große Erfolg verwehrt. In Athen 2004 war es der Kopf gewesen, bei den Weltmeisterschaften in Gifu 2005 ein Stück Treibholz. Diesmal fehlte die Kraft. Und womöglich bald auch die Hoffnung auf den großen Wurf.

J wie Jubel-Experten: In keinem Sport sind die Deutschen derart überlegen wie im Damen-Rodeln. Seit elf Jahren und über 80 Rennen ging kein Sieg an eine andere Nation. Tatjana Hüfner, Natalie Geisenberger und Silke Kraushaar-Pielach fuhren bei den Weltmeisterschaften allesamt aufs Treppchen. Irgendwie war das nicht anders zu erwarten.

K wie Kufen-Künstler: Einmal schnell, einmal grazil. Anni Friesinger rast im Eisschnelllauf zu ihrem elften WM-Titel auf Einzelstrecken - als Erste überhaupt. Deutlich feinmotorischer die Leistung von Aljona Savchenko und Robin Szolkowy. Sie werden in Göteborg Weltmeister im Paarlauf.

L wie Linkshänder: Timo Boll führte Deutschlands Tischtennis-Herren in Peking zur Silbermedaille. Gemeinsam mit seinen Düsseldorfer Teamkollegen Christian Süß und Dimitrij Ovtcharov unterlag er erst im Finale den Chinesen. Auch bei der EM in St. Petersburg stand Boll wieder im Mittelpunkt, als er seinen Dreifach-Triumph aus dem Vorjahr wiederholte.

M wie Mutmacher: Zweimal Gold für Deutschland: Britta Steffen polierte die Bilanz des deutschen Schwimmverbands bei den Olympischen Spielen gehörig auf. In Zeiten von Misserfolg und Streitigkeiten um den Ausrüster macht sie Mut für die Zukunft.

N wie Neubeginn: Sie ist blind, sie ist querschnittsgelähmt - und sie ist Siegerin im Speerwurf bei den Paralympics. Martina Willing gehört zu den Menschen, die nie aufgeben, und ist damit Symbol für die bewundernswerten Leistungen behinderter Sportler. Nach einem Unfall, der sie 1994 an den Rollstuhl fesselte, sagte Willing: "Eine Veränderung ist nur eine Veränderung und nicht das Ende." Und man glaubt es ihr.

O wie Oldie: 2008 war auch das Jahr der Abschiede. Tourenwagen-Urgestein Bernd Schneider beendete nach fünf Titeln seine Laufbahn hinterm Lenkrad. Auch Lars Riedel, Diskus-Olympiasieger von Atlanta 1996, und Kanutin Birgit Fischer traten ab. Mit 39 war obendrein auch für den Titan Schluss: Fußball-Torwart Oliver Kahn verdingte sich als Experte im ZDF.

P wie Pechvogel: Vor den Spielen von Peking galt Fabian Hambüchen als sicherer Kandidat für Gold am Reck. Nach zwei Stürzen kam der Welt- und Europameister immerhin noch zu Bronze, dazu zwei vierte und ein fünfter Platz. Seinen eigenen Erwartungen entsprach das nicht. Er zeigte aber Größe. "Mir sind zwei Missgeschicke passiert. Ich bin auch kein Roboter", sagte er.

Q wie Querkopf: So langsam nervt das Theater um Lukas Podolski. Der Lümmel von der Bayern-Bank will in einer Mischung aus Sturheit und Trotz zurück zum 1. FC Köln. Der will ihn auch, doch die Bayern müssen erst zustimmen. Das tun sie nur, wenn sie Ersatz haben und das Geld stimmt. So lange trifft "Prinz Poldi" nur in der Nationalelf, etwa doppelt gegen sein Geburtsland Polen bei der EM.

R wie Rückkehrer: In einem für das deutsche Tennis mal wieder erfolgsarmen Jahr sorgte der lange in der Versenkung verschwundene Rainer Schüttler für ein Highlight. Hatte der Profi in den vergangenen Jahren vor allem mit Erstrunden-Pleiten auf sich aufmerksam gemacht, kam er in Wimbledon bis ins Halbfinale, wo er gegen den späteren Sieger Rafael Nadal verlor.

S wie Skiläufer: Im Biathlon gehört Deutschland weiter zur Weltspitze. Magdalena Neuner wurde die jüngste Gesamtweltcup-Siegerin aller Zeiten, gewann dreimal Gold bei der WM in Östersund. Erfolge auch im Alpin-Sport: Maria Riesch wird Weltcup-Erste in der Kombination und im Super-G.

T wieTorhüter: Trotz eines unheilbaren Gehirntumors kehrte Eishockey-Torwart Robert Müller von den Kölner Haien im November noch einmal aufs Eis zurück. Seine Kraft, seine Haltung und sein Lebenswille sind bewundernswert. Gegen Ende des Jahres verschlechterte sich sein Gesundheitszustand jedoch erheblich.

U wie Unschuldslamm: Der Fall Florian Busch belastet das deutsche Eishockey. Der Berliner verweigerte im März eine Dopingprobe, ließ sie erst später vornehmen. Bis dahin hätte eine Dopingeinnahme eventuell nicht mehr nachgewiesen werden können. Trotzdem: Busch spielte weiter. Der Eishockey-Bund verurteilte ihn nur zu 5000 Euro Strafe. Adäquater Kampf gegen Doping sieht anders aus.

V wieVielflieger: Die Zeit von Sven Hannawald sind vorbei, und auch die großen Erfolge von Martin Schmitt warten sehnsüchtig auf ihre Nachfolger. Die deutschen Skispringer gehörten im letzten Winter nicht mehr zu den Top-Nationen. Nur einer setzte im letzten Winter ein Ausrufezeichen: Michael Neumayer katapultierte sich bei der Vierschanzentournee auf den dritten Platz.

W wie Wunderknabe: Ein Junge aus Mettmann mischt die Golf-Szene auf. Mit 23 Jahren gelang Martin Kaymer der Durchbruch auf der European Tour, wo er die Abu Dhabi Golf Championship und die BMW International Open in München gewann. Kein Sieger auf der Tour war jünger als er, auch Bernhard Langer nicht.

X wie XXL: Gewichtheber Matthias Steiner sorgte für den bewegendsten Moment im deutschen Sport 2008. Nach seinem Sieg in Peking zeigte er neben seiner Goldmedaille ein Foto seiner Frau Susann, die im vergangenen Jahr bei einem Autounfall starb. Er hoffe, dass sie das alles irgendwie mitbekomme, sagte er.

Y wie Youngster: Fünf Jahre lang hatte kein Deutscher einen Motorrad-Grand-Prix gewonnen. Bis Stefan Bradl (19) kam. Beim Großen Preis von Tschechien siegte er in der 125cm³-Klasse. Zuvor war er schon beim Heim-Grand-Prix am Hockenheim-Ring aufs Treppchen gefahren. Bradl ist erblich vorbelastet. Vater Helmut war 1991 Vize-Weltmeister (250 cm³). Gute Vorzeichen.

Z wie Zauberer: Franck Ribéry verzeiht man sogar rosafarbene Schuhe. Der Mittelfeldspieler von Bayern München verzückte die Fans in wunderbarer Regelmäßigkeit, selbst nach Verletzung und mäßiger EM mit Frankreich. Dank ihm sind die Bayern mit ihrem neuen Trainer Jürgen Klinsmann auf Kurs. Das bayrische Experiment Klinsmann nach der Ära Hitzfeld hat im flinken Franzosen seinen Protagonisten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort