Der lange Schatten des Falles Claudia Pechstein

Mitgliedschaft der Eisschnellläuferin im Deutschen Olympischen Sportbund ruht.

Düsseldorf. Thomas Bach ist in Eile. Präsidiumssitzung in Düsseldorf, Donnerstagnachmittag in den Flieger Richtung Berlin zum Empfang beim Bundespräsidenten, spätabends wieder zurück nach Düsseldorf. Die Gremien des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) tagen in der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens ohne Unterbrechung, in Düsseldorf ist am Freitag und Samstag alles, was in der deutschen Sportpolitik Rang und Namen hat.

Seit dem 20. Mai 2006 führt Bach den fusionierten Dachverband des deutschen Sports. Und nicht alles macht ihm Spaß. Einem Olympiasieger kann es nicht egal sein, wenn eine Zwei-Jahres-Sperre einer fünfmaligen Olympiasiegerin vom Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne bestätigt wird. "Wir haben viele Gespräche mit Claudia Pechstein geführt. Das Urteil von Lausanne ist bindend für uns, andererseits dürfen wir die menschliche Dimension dieses Urteils nicht aus den Augen verlieren", sagt Bach, der 1976 in Montreal mit der Florett-Mannschaft olympisches Gold gewann. "Dass Claudia Pechstein nach dem Urteil von Lausanne angegriffen war, kann ich wirklich nachvollziehen."

Seit Donnerstag ruht auch die persönliche Mitgliedschaft der gesperrten Eisschnellläuferin im DOSB. Zumindest so lange wie das Schweizer Bundesgericht den Fall noch nicht entschieden hat. "Dann sehen wir weiter", sagt Bach. Dass er nicht an die Aufhebung der Sperre glaubt, sagt Bach als Jurist ausdrücklich nicht. Aber jede andere Entscheidung als die erneute Bestätigung der Sperre wäre eine Überraschung. Der Bundesinnenminister als Arbeitgeber von Claudia Pechstein hat ein Disziplinarverfahren ebenfalls ausgesetzt. Bis zur Entscheidung in der Schweiz. Bach beschäftigt der Fall sehr, aber der Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) muss andererseits auch schnellstmöglich zur Tagesordnung übergehen.

Der Wettskandal bedroht den deutschen Sport, auch wenn sich die Erträge der Glücksspirale überraschend stabilisiert haben. Generaldirektor Michael Vesper sagt: "Wir erwarten in diesem Jahr 5,5 Millionen Euro aus der Glücksspirale." Aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Kassenlage des olympischen Sports mittel- und langfristig wieder verschlechtern wird. "Natürlich beobachten wir mit Sorge die weltweite Wirtschaftskrise, die Entwicklung des Bundeshaushaltes und die Wetteinnahmen. Die Erträge der staatlichen Wetten gehen zurück, und illegal blüht das Milliardengeschäft", sagt der ehemalige Minister, der den Ruf nach "neuen Gesetzen" aber für Unfug hält.

Akute Sorgen muss sich der DOSB nicht machen. "Wir haben 2006 zwar ein strukturelles Defizit übernommen, aber das haben wir mit der Beitragserhöhung ausgeglichen." Vesper kann zumindest kurzfristig aufatmen.

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