Brasiliens Stars fehlt noch der Zauber

Erst im zweiten Durchgang findet der fünfmalige Weltmeister beim 2:1 die richtigen Mittel gegen das Bollwerk aus Nordkorea.

Johannesburg. Was Liebe zum Vaterland bewirken kann, demonstrierte Tae Se Jong schon vor dem WM-Auftakt der Nordkoreaner gegen den fünffachen Weltmeister Brasilien eindrucksvoll: Der Stürmer Nordkoreas weinte im ersten WM-Spiel seines Landes seit der WM 1966 (damals schied Nordkorea gegen Portugal im Viertelfinale aus) bitterlich, als die Hymne des kommunistischen Staates durch den eisig erkalteten Ellis Park in Johannesburg "wehte". Danach vertraten seine Kameraden Nordkorea pflichtgemäß kampf- und einsatzstark, manchmal sogar spielerisch inspiriert. Brasilien hielt den überbordenden Erwartungen der Heimat im Ergebnis stand und gewann zum Auftakt 2:1 (0:0).

Der Anschluss an die siegreichen Favoriten Argentinien, die Niederlande und Deutschland ist hergestellt. Es mutete wie ein Zwergenaufstand gegen die vermeintliche Schönheit des Fußballs an, als Nordkoreas Mittelfeldspieler Yong Jo Hong versuchte, Brasiliens Torwart Julio Cesar mit einem Schuss von der Mittellinie aus zu überlisten (10.). Es gelang nicht, aber die Szene symbolisierte früh die Verhältnisse: Nordkorea stand defensiv gut geordnet und untermauerte die Undurchlässigkeit der roten Reihen durch eine enorme, kollektive Laufleistung, bisweilen gelang gar in der Spitze über den tränenerprobten Jong ansehnlicher Konterfußball. Es war ein hartes Stück nordkoreanischer Arbeit etwa gegen den handlungsschnellen Robinho, der die 54331 Zuschauer durch Kabinettstückchen zu Lauten hinriss, die nicht einer Vuvuzela entsprangen. Doch hatte Brasilien, das mit einem schwachen Kaká hinter den Spitzen Luis Fabiano und Robinho agierte, bei aller Klasse lange seinen humorlosen Meister gefunden, der sich offenbar akribisch auf den Stil der Selecao eingestellt hatte. Mehr als zwei, drei Schüsse aus der Halbdistanz kamen vor der Pause nicht dabei heraus, schnell schienen den Südamerikanern die Ideen auszugehen. Und das brasilianische Publikum, das seit Monaten unter der unbrasilianischen Mentalität seines Trainers Carlos Dunga leidet, rumorte gewaltig.

Nach der Pause stellte sich Nordkorea noch defensiver auf, agierte mit der neu geschaffenen Fünfer-Abwehrkette und zwang den Favoriten zu Fernschüssen, die stets das Tor von Guk Myong Ri verfehlten. Dass der trotzdem zur tragischen Figur wurde, lag an Inter Mailands Verteidiger Maicon: Aus unmöglich spitzem Winkel (55.) schoss der Champions-League-Sieger den Ball auf Pass von Elano an Ri vorbei in die Maschen. Elano von Galatasaray Istanbul selbst erhöhte nach feinem Zuspiel von Robinho in die Nahtstelle der Abwehr auf 2:0 (72.). Zum Weinen war die Leistung des Fußball-Zwerges aber nicht. Yi Yun-Nam gelang in der 89. Minute sogar noch das 1:2.

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