Nach Krebstherapie: 1000. Sieg für NBA-Coach Karl

Toronto (dpa) - Im Moment des historischen Erfolgs dachte George Karl nicht an seinen Eintrag in die NBA-Geschichtsbücher, sondern an ein kühles Bier.

Nur wenige Monate, nachdem der 59-Jährige zum zweiten Mal eine Krebskrankheit besiegte hatte, feierte der Basketball-Coach als erst siebter Trainer seinen 1000. Erfolg während der regulären Saison. „Bier schmeckt für mich nach jedem Erfolg eigentlich wie Champagner. Aber leider hat es das nicht mehr seit meiner Bestrahlung“, sagte Karl nach dem 123:116 seiner Denver Nuggets bei den Toronto Raptors. Die Krankheit hat ihm seinen Geschmackssinn weitgehend geraubt.

Vor mehr als einem Vierteljahrhundert begann Karls Trainerkarriere in der besten Liga der Welt, seine Teams erreichten seit 1984 in 19 von 22 Saisons die Playoffs. „Es war sehr einfach, jeden Tag für George zu spielen“, erzählte Ex-Profi Detlef Schrempf der Nachrichtenagentur dpa. „Wenn du hart trainiert und hart gespielt hast, war es ihm egal, ob du alles vorbei wirfst oder nicht - solange du den gleichen Wurf wie im Training nimmst.“

Mit dem Deutschen erlebte Karl bei den Seattle SuperSonics Mitte der Neunziger seine erfolgreichsten Jahre, forderte 1996 im Finale die übermächtigen Chicago Bulls (2:4) heraus. „Wir haben jeden Abend gedacht, dass wir gewinnen können. Das hat ziemlich viel Spaß unter ihm gemacht“, sagte Schrempf.

Vor fünf Jahren erkrankt Karl das erste Mal an Prostatakrebs. Nachdem auch Sohn Coby die tückische Krankheit überstand, schockte sein Vater im Februar 2010 die Basketball-Welt auf einer Pressekonferenz erneut. „Mein größter Wunsch ist, dem Krebs in den Hintern zu treten“, sagte Karl damals stockend unter Tränen, dachte aber bereits im gleichen Augenblick wieder an seine Mannschaft, „und auch beim Team zu bleiben, das die Meisterschaft gewinnen kann.“

Obwohl die Therapie jeden Tag größte Schmerzen verursachte, stand Karl zunächst Abend für Abend an der Seitenlinie. Doch als er sich vollständig auf seinen Kampf gegen den Nacken- und Rachenkrebs konzentrieren musste, kamen die Nuggets ohne seine strenge Führung ins Trudeln und scheiterten in der ersten Playoff-Runde.

Hatte Karl zuvor für Monate den Knoten in seinem Nacken ignoriert, verarbeitete er seine Krankheit nun öffentlich. In einem Online- Tagebuch gab er mit seiner Partnerin Kim bewegende Einblicke in sein Leben. Fotos zeigen den 130-Kilo-Koloss im Krankenhaus-Bett. Er hat Probleme zu essen, kann keine Pille schlucken und verliert trotzdem nicht seinen Humor. „Sorry, ich kann der Wirtschaft im Moment nicht helfen“, schrieb er wegen ausbleibender Besuche seinen Lieblingsrestaurants.

Auch Schrempf baute seinen früheren Coach mit regelmäßigen Emails auf. Nach 35 Bestrahlungen und acht Chemobehandlungen hatte Karl die Krankheit besiegt und bringt sein Team diese Saison wieder auf Playoff-Kurs. „Er hat einen unglaublichen Basketball-Verstand. Er kennt das Spiel in- und auswendig“, lobte Kapitän Chauncey Billups. „Es ist unglaublich, er hat 1000 Siege. Aber ich denke, seine größten Siege sind, den Krebs zweimal zu bezwingen.“

Seine NBA-Erfolgsbilanz wird Karl weiter ausbauen, die Nuggets haben jüngst eine Vertragsverlängerung um drei Jahre angeboten. Er selbst könnte sich dank neu gewonnener Zuversicht auch eine größere Zeitspanne vorstellen. Sein bislang letzter Online-Eintrag zu Thanksgiving trägt den Titel: „Das Leben feiern.“

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