Start in Basketball-Bundesliga Herbert und die Bayern: Vertrauen in den Teambuilder
München · Gordon Herbert erreicht mit der deutschen Nationalmannschaft ungeahnte Basketball-Meriten. Auch die Bayern wollen mit dem Kanadier Titel holen. Dafür setzt der Coach auf kuriose Maßnahmen.
Ein Kennenlernspiel mit Zettelchen im Hut, eine Partie „Mafia“ und zum Abschluss eine kleine Weinverkostung. Dass Weltmeister-Coach Gordon Herbert beim FC Bayern vor allem auf Teambuilding setzt, das wurde den Basketballern und Vereinsbossen spätestens bei den ungewohnten Maßnahmen im Kurz-Trainingslager in Slowenien klar. „Eine Weinverkostung hatte ich noch nie“, sagte Geschäftsführer Marko Pesic im Rückblick auf seine aktive Zeit, „für solche Sachen war keiner meiner Trainer offen.“ Aber Herbert ist eben kein gewöhnlicher Trainer - und soll genau deshalb die Münchner auf eine neue Stufe heben.
Nach seinen Triumphen mit dem Nationalteam - EM-Bronze 2022, der historische WM-Titel 2023 und die nur knapp verpasste Olympia-Medaille als Vierter im Sommer in Paris - hoffen die Bayern, dass Herbert auch an der Isar für Furore sorgt. Die Erwartungen sind groß: Zum einen gilt es, das nationale Double aus Meisterschaft und Pokal zu verteidigen. Am Freitag (20.00 Uhr/Dyn) starten die Münchner gegen die Niners Chemnitz in die Meisterschaft.
Klare Ansage für Euroleague
Aber damit gibt sich ein Verein wie der FC Bayern nicht zufrieden. Nach einer enttäuschenden Saison in der Euroleague wollen die Münchner Basketballer diesmal auch dort vorne mitspielen. „Das Ziel für diese Saison ist, es in die Playoffs zu schaffen“, sagte Vereinspräsident Herbert Hainer über den europäischen Elite-Wettbewerb und stellte klar: „Das nicht zu schaffen, das wäre eine Enttäuschung.“
Herbert selbst hatte nach seiner Ankunft in München gar als Vision ausgegeben, es mit den Bayern irgendwann ins Final Four der Euroleague schaffen zu wollen. Das wäre gegen die deutlich reicheren Clubs aus Spanien, Griechenland und der Türkei ein Coup - aber wenn sich einer mit Coups auskennt, dann der 65 Jahre alte Coach aus Kanada.
„Keine Arbeit, sondern Leidenschaft“
Herbert kennt die Bundesliga unter anderem von seinen Trainerstationen in Berlin und Frankfurt - 2019 stand er letztmals für die Skyliners an der Seitenlinie. 2020 ging er für einige Monate nach Russland, ehe er im September 2021 die deutsche Auswahl übernahm. Warum zieht es ihn nun zurück zu einem Verein? Bayern sei „ein Club, zu dem ich über die Jahre immer aufgeschaut habe, ein Modellverein nicht nur in Deutschland, sondern in Europa und der Welt. Es ist für mich eine Ehre, hier die Möglichkeit zu haben, in der Euroleague zu trainieren“, sagte er jüngst bei einer Pressekonferenz vor dem Saisonstart.
Die Infrastruktur in München - die mit dem neuen SAP Garden als Spielstätte in der Euroleague ein neues Prestigeobjekt bekommen hat - sei herausragend. „Dies ist ein großartiger Platz zum Arbeiten. Wobei es für mich keine Arbeit ist, sondern Leidenschaft. Wenn es nur Arbeit wäre, dann wäre ich vor ein paar Jahren in Rente gegangen.“ Nach dem Kommentar klopfte Präsident Hainer seinem Coach auf die Schulter und flachste: „Und wir bezahlen dich auch für die Leidenschaft.“ Herbert lachte und sagte: „Gut zu wissen.“
Aber der Trainer weiß natürlich genau, dass er in München auf keine Wohlfühloase ohne Druck hoffen darf. „Das hier ist ein Geschäft, das sich an Resultaten orientiert, daran besteht kein Zweifel“, sagte er. Die Frage ist, wie man zu Siegen und Trophäen kommt.
Herbert sucht nach der „Culture of Greatness“
Als er ein noch junger Coach war, habe er sich vor allem auf Strategien gestürzt, erzählte Herbert. Heute gehe er die Sache ganzheitlicher an, er wolle eine „Culture of Greatness“ aufbauen - eine Überzeugung, Großes schaffen zu können. „Kultur gewinnt über Strategie. Es hat für mich viele Jahre gedauert, das zu erkennen“, erinnerte sich der Trainer.
Der Nationalmannschaft um die NBA-Stars Dennis Schröder und Franz Wagner konnte er diese Siegermentalität geben und den deutschen Basketball in ungeahnte Höhen hieven. Die Aufgabe in München ist allein schon deswegen anders, weil Herbert sein Team nicht nur bei einem Turnier mit gut einer Handvoll Partien, sondern eine ganze Saison mit rund 80 Matches auf Top-Niveau bringen und halten muss.
Und dann hat Bayern auch noch einen personellen Umbruch hinter sich. Leistungsträger wie Weltmeister Isaac Bonga oder Ex-NBA-Champion Serge Ibaka verließen den Verein. Als Ersatz kamen unter anderem Weltmeister Johannes Voigtmann, dessen Olympia-Auswahl-Kollege Oscar da Silva oder die Guards Yam Madar und Shabazz Napier.
Laut Geschäftsführer Pesic liegt „eine Stimmung, eine Atmosphäre in der Luft, die ich hier so noch nicht erlebt habe“. Das dürfte vor allem an Coach Gordon Herbert liegen.
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