Abwehr: Das Problem Mertesacker

Plötzlich ist die Defensive verwundbar. Das liegt aber nicht an Arne Friedrich.

Johannesburg. An seinem Gesichtsausdruck kann man nicht erkennen, wie es um ihn bestellt ist. Die mächtigen Augenbrauen legen einen dunklen Schatten über das Gesicht von Per Mertesacker, die Mimik spielt beim Norddeutschen eine untergeordnete Rolle.

Man könnte auch sagen: Mertesacker schaut wie er spielt. Ziemlich emotionslos, solide, ohne größere Ausschläge in alle Richtungen.

Beim 1:0-Sieg gegen Ghana allerdings spielte Mertesacker richtig schlecht, und seither geht die Angst in der Fußball-Republik um, dass der lange Mann aus Bremen gegen eine Größe wie Wayne Rooney ein größeres Problem bekommen könnte.

"Es ist gut, dass ich mich noch steigern kann", sagte Mertesacker in den riesigen Katakomben von Soccer City nach dem Spiel gegen Ghana.

Er hatte den positiven Ansatz gefunden, Mertesacker neigt nicht zur Übertreibung. Er spielt ja auch nicht so. Wenn man ihn im Gespräch mit Journalisten beobachtet, dann lächelt er smart und entlarvend. Sein Status als 65-maliger Nationalspieler und einzige Konstante in der Innenverteidigung seit 2004 erlaubt ihm das: Die Probleme, die sein Spiel in diesen Tagen offenbart, einfach wegzulächeln.

Gefährlich wird ihm ohnehin niemand, Bundestrainer Joachim Löw: "Natürlich sind ihm einige Bälle weggesprungen. Aber Per ist wichtig für uns, gerade wenn der Gegner Druck macht." England könnte Druck machen.

Berechtigter als diese Treue allerdings war das Lob für Arne Friedrich. "Er hat mir sehr gut gefallen", sagte Löw. Er hätte auch euphorischer sein können, aber vielleicht ist die Verlässlichkeit Friedrichs auch nur derart aufgefallen, weil der Kollege einen dankbaren Vergleich hergab.

Friedrich machte keinen einzigen Fehler, sein Spiel in diesen Tagen verrät, dass der Westfale aus Bad Oeynhausen den Abstieg seiner Berliner Hertha weit besser verkraftet hat als der Verein selbst.

Nie wirkte der 31-Jährige führungsstärker. Ob es nicht komisch sei, dass auf einmal Friedrich ihm eine Stütze sei und nicht umgekehrt, wurde Mertesacker gefragt. "Das ist doch gut so. Ich kann mich 100-prozentig auf ihn verlassen." Vielleicht sind diese positiven Ansätze eine richtige Stärke.

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