Biathlon Domratschewa und Björndalen - Die Glückspilze

Dem Traumpaar der Szene, Darja Domratschewa und Ole Einar Björndalen, gelingt mit seinen Medaillen Erstaunliches.

 Das Ehepaar Darja Domratschewa aus Weißrussland und Ole Einar Björndalen aus Norwegen präsentieren nach der Siegerehrung für die Verfolgungsrennen ihre Medaillen.

Das Ehepaar Darja Domratschewa aus Weißrussland und Ole Einar Björndalen aus Norwegen präsentieren nach der Siegerehrung für die Verfolgungsrennen ihre Medaillen.

Foto: Martin Schutt

Hochfilzen. Ole Einar Björndalen sitzt im nahe gelegenen Leogang im Hotel vorm Fernseher, als seine Frau ihr erstes WM-Rennen in Hochfilzen läuft. Mit Tochter Xenia auf dem Schoß. Er sagt: „Darja ist eine fantastische Frau, eine fantastische Athletin. Sie hat mich mit ihrem Rennen inspiriert. Ihr Comeback ist unglaublich.“ Darja Domratschewa strahlt nach Silber in der Verfolgung. Stunden später holt Björndalen Bronze — und die 30-Jährige sagt: „Ein unglaublicher Tag für unsere Familie. Ich bin so stolz auf ihn.“

Darja Domratschewa und Ole Einar Björndalen, das Traumpaar der Biathlon-Szene. In ihrer Heimat sind sie Helden. Sie mit einer eigenen Modelinie, er mit Kultstatus und bestens dotierten Verträgen. Zwei Extremisten, die Unglaubliches leisten. Jeder auf seine Weise. Er trotzt dem Alter und holt seine 45. WM-Medaille. Mit 43. Sie schafft es, nur viereinhalb Monate nach Xenias Geburt wieder Weltspitze zu sein. Zusammen sind sie eine schrecklich nette Familie, die ihr Projekt Biathlon professionell managt.

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Nur fünf Wochen nach der Entbindung steigt Darja Domratschewa wieder ein. Nach den Plänen des norwegischen Trainers ihres Mannes, Roger Grubben. Er ist mit der ehemaligen Biathletin Linda Tjörhom verheiratet, sie haben drei Kinder. „Er weiß, wie man nach einer Schwangerschaft ins Training einsteigt“, sagt der Österreicher Alfred Eder, der zum Betreuerstab der weißrussischen Frauen zählt, im Gespräch mit der Heilbronner Stimme. Sie sprechen sich ab, alles funktioniert tadellos. „Sie macht das intelligent — mit Reserven natürlich.“ Darja Domratschewa braucht ausreichend Regeneration.

Die Mixed-Staffel lässt die 30-Jährige aus, auch im Trainingslager ist ihr Programm anders, der langen Pause wegen. Darja Domratschewa leidet am Pfeifferschen Drüsenfieber, dann wird sie schwanger. „Ich war zwei Jahe weg vom Profisport, das heißt aber nicht, dass ich auf dem Sofa gesessen bin und Popcorn gegessen habe“, sagt die dreimalige Olympiasiegerin. Sie hält sich bis weit in die Schwangerschaft fit und kehrt schon Anfang Januar in Oberhof in den Weltcup zurück. Dort erlebt Darja Domratschewa ein merkwürdiges Rennen, fühlt sich irgendwie neben der Strecke und neben dem Schießstand. Schritt für Schritt wird es besser, die größte Schwierigkeit ist, die Teildisziplinen zusammenzufügen. „Wir alle haben an sie geglaubt“, sagt Alfred Eder. Sie selbst tut es auch, läuft nach Platz 27 im Sprint dank eines fehlerfreien Schießens zu Silber. „Eine Traummedaille, ein Traumtag“, sagt sie.

Am Montag ist auch noch Verstärkung angereist. Darja Domratschewas Mutter Larissa wechselt sich nun mit dem Babysitter für Xenia ab. „Sie ist ein gutes Mädchen, sie lässt mich schlafen. Sie wacht ein paar Mal auf, weil sie Hunger hat, aber das ist normal für ein Baby“, sagt Domratschewa. Und der Papa? „Ich schlafe vielleicht ein bisschen weniger, aber ich schlafe genug“, meint der. Ole Einar Björndalen ist vernarrt in seine Tochter: „Sie ist ein süßes, fröhliches Baby.“ Für Xenia ist gesorgt, wenn ihre Eltern trainieren — oder Medaillen feiern. Der Rekordweltmeister spürt gar keinen großen Unterschied zu früher. „Ich kann immer noch das machen, was ich vorher gemacht habe. Wir leben eng zusammen als Familie mit dem weißrussischen Team. Das funktioniert gut.“

Bronze in der Verfolgung. Eine Wahnsinnsleistung. Björndalen, der Besessene: „Das war wie ein Sieg für mich.“ Und in Anspielung an seinen Spitznamen fügt er hinzu: „Der Kannibale lebt immer noch.“ Ein krasses Wort, das einzig die Lust an seiner Leidenschaft ausdrücken soll. Auch nach 34 Biathlonjahren. „Aber ich denke nicht mehr so sehr daran zu gewinnen, ich konzentriere mich mehr auf mich selbst. Die Jungs da sind extrem stark. Dieses Jahr muss ich mich schon sehr anstrengen, um überhaupt in ihre Nähe zu kommen.“ Er schafft es. Mit Darja Domratschewa hat er noch ein anderes großes Ziel. Olympia in Pyeongchang. Nächstes Jahr. Biathlon in diesem Alter ist nicht jedermanns Sache. Martin Fourcade sagt unverblümt: „Wenn ich 43 bin, züchte ich Tomaten in Südfrankreich und trinke guten Wein.“

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