Olympia-Sperren CAS-Prozess startet in Genf - Sportler noch nicht dabei

Genf (dpa) - Fast schon demonstrativ erschienen die ersten gesperrten Sportler in russischen Trainingsjacken zur Verhandlung des wohl spektakulärsten Dopingskandals der Olympia-Geschichte vor dem Internationalen Sportgerichtshof.

Olympia-Sperren: CAS-Prozess startet in Genf - Sportler noch nicht dabei
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Es ist das Outfit, das den Athleten der stolzen Sportnation bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang verboten ist. Doch kurz bevor die nächsten Medaillen in Südkorea vergeben werden, wird vor dem CAS seit Montag ein dunkles Kapitel der Spiele von 2014 in Sotschi aufgearbeitet. Der CAS muss über die Rechtmäßigkeit der Sanktionen gegen die russischen Sportler im Zuge des riesigen Dopingskandals entscheiden. Für IOC-Chef Thomas Bach war dies ein „nie da gewesener Angriff auf die Integrität der Olympischen Spiele“, die russischen Sportler sehen sich dagegen ohne Beweise verurteilt.

„Jetzt denke ich, dass alles gut wird“, sagte Olga Fatkulina, die in Sotschi Silber im Eisschnelllauf gewonnen hatte. Zusammen mit ihren Teamkollegen Alexander Rumjanzew und Artem Kusnezow war sie als eine der ersten Athleten in Genf erschienen. Zuvor waren - begleitet von einem großen Medienandrang - die zahlreichen Dokumente kistenweise in das Centre de Conférences gebracht worden.

Weniger als drei Wochen vor dem Beginn der Winterspiele in Pyeongchang werden die Fälle von 39 der 43 lebenslang gesperrten russischen Athleten bis mindestens Samstag verhandelt. Ein Urteil werde nicht vor dem 30. oder 31. Januar fallen, kündigte CAS-Generalsekretär Matthieu Reeb an, bevor der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit begann. Wegen des großen Umfangs war die Verhandlung vom CAS-Sitz in Lausanne nach Genf verlegt worden.

Hintergrund ist die mutmaßlich staatlich orchestrierte Manipulation von Dopingproben bei den Winterspielen 2014 in Sotschi. Nun muss das CAS entscheiden: Reichen die von den beiden IOC-Kommissionen zusammengetragenen Beweise für eine Verurteilung der Sportler aus? Das IOC stützte sich bei seinen Strafen insbesondere auf den Kronzeugen Grigori Rodschenkow. Der frühere Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors, der nach seiner Flucht in die USA sein Wissen über den organisierten Sportbetrug preisgab, soll im Lauf der Woche per Video oder Telefon zu den Verhandlungen zugeschaltet werden.

Einhergehend mit den lebenslangen Olympia-Sperren der Athleten würde Russland auch 13 der 33 in Sotschi gewonnenen Medaillen verlieren, darunter die Olympiasiege von Alexander Subkow (Zweier- und Vierer-Bob), Alexander Legkow (Langlauf) und Alexander Tretjakow (Skeleton). Von einem Schuldeingeständnis sind die Russen weit entfernt, wie Vizeregierungschef Witali Mutko am Montag ein weiteres Mal betonte: „Wir werden diese Entscheidung niemals akzeptieren. Es ist nicht richtig, dass eine unehrliche und prinzipienlose Person der Hauptankläger ist“, sagte Mutko mit Blick auf die Rolle Rodschenkows.

Einige Fachverbände sehen die IOC-Entscheidung ebenfalls konträr. So dürfen etwa die für Olympia gesperrten Eisschnellläufer und Rodler derzeit im Weltcup starten, weil den Verbänden die Beweise nicht ausreichen. Sie erhoffen sich Klarheit vom CAS. Die 39 Fälle werden in zwei Gruppen en bloc verhandelt, nur die Fälle der drei inzwischen zurückgetretenen Biathleten werden zu einem späteren Zeitpunkt aufgegriffen. Ein russischer Athlet hatte auf einen Einspruch verzichtet.

Die Athleten werden durch die renommierten Schweizer Anwaltskanzlei Schellenberg Wittmer vertreten. Nach Meinung der Juristen seien die Sportler trotz Mangel an Beweisen verurteilt worden. 21 der gesperrten Russen hoffen noch durch einen Freispruch auf das Last-Minute-Ticket für Südkorea. Dabei soll eigentlich am 27. Januar bereits die Liste der russischen Olympia-Teilnehmer feststehen. Nur nachweislich saubere russische Athleten sollen in Pyeongchang unter neutraler Flagge und unter der Bezeichnung „Olympic Athlete from Russia“ an den Start gehen. So hat es das IOC am 5. Dezember entschieden.

Dafür soll ein extra eingesetztes Gremium unter Vorsitz der ehemaligen französischen Sportministerin Valérie Fourneyron die russischen Sportler begutachten. Aus einem Pool von 500 Athleten waren bereits 111 Sportler gestrichen worden. Laut Mutko werde das russische Olympia-Team ein zu 80 Prozent verändertes Gesicht haben. „Die Mannschaft wurde in diesem olympischen Zyklus zweimal mehr (auf Doping) getestet als jede andere“, sagte Mutko der Agentur TASS.

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