Trekkingausflug nach Hau Thao
Sho hat mich ganz schüchtern auf der Straße angesprochen. Ihre farbenfrohe Kleidung war zu dem Zeitpunkt noch neu für mich. Nach zwei Tagen in Sapa habe ich inzwischen jede Menge Frauen in der Stammeskleidung der Minderheit der H'Mong gesehen.
Ob ich trekken gehen wolle, fragte sie. Und ich wollte. Der Reiseführer empfahl ohnehin, sich einen Minderheiten-Führer zu suchen, um sie ökonomisch zu unterstützen, und Sho und ich waren sofort auf einer Wellenlänge. Also verabredeten wir, uns am Tag danach morgens an der Kirche zu treffen, wo sich alles in Sapa trifft. "Pinky Promise!", verlangte die 26-Jährige und wir hakten unsere kleinen Finger ineinander wie Teenager-Freundinnen. Der Deal war perfekt.
Der Trek in die Berge mit den H'Mong-Frauen ist beliebt bei Backpackern, die unabhängig reisen und nicht viel Geld ausgeben wollen - das stelle ich schnell fest. Mehrere Gruppen junger Reisender bewegen sich mit ihren Führerinnen und uns den steilen Hang hinter Sapa hinauf. So geht es weiter bis zum Mittagessen, das offenbar für sämtliche Hiking-Gruppen in einer einzigen Bergstation gekocht wird - zumindest sehr frisch und lecker.
Doch ich bin diesmal das einzige Mitglied in Shos Gruppe. Und so sind wir nur noch zu zweit, als wir ihr Dorf Hau Thao erreichen. Ihre Kinder Joe und Cha rennen sofort begeistert auf uns zu und untersuchen die Taschen ihrer Mutter nach mitgebrachten Süßigkeiten. Sie finden kleine Nusstaler mit Honig - und Cha kommt sofort zu mir, um auch mir einen anzubieten.
Hau Thao ist ein kleines Paradies zwischen Reisterrassen und Maisfeldern. Der Weg dorthin führt durch einen Wald aus gigantisch hohem Bambus und an einem kleinen Wasserfall vorbei, in dem Kinder plantschen und ältere Jungs gerade Wäsche waschen. Ich werde bei Shos Mutter schlafen, die ein großes Haus hat. Aber es ist noch nicht an der Zeit. Erst schauen wir bei ihrer Schwägerin vorbei, die gerade Feuerholz unter ein großes Fass schiebt. "Happy Water", grinst Sho. Fröhliches Wasser.
Ich erlebe den Brauprozess des berüchtigten Reisweins der vietnamesischen Bergvölker. Das gekochte Reiswasser gärt sieben Tage in einem großen, pinken Plastikeimer vor sich hin und kommt dann wieder aufs Feuer. Was herauskommt, ist eine milchige Brühe, die schwer nach Wunddesinfektion und ein ganz kleines bisschen nach Reis schmeckt. "Nach dem Dinner feiern du und ich eine Party", verspricht Sho und lächelt verschwörerisch.