Der beste Platz zum Fischen

Wo sich gut fischen lässt, lässt sich auch gut grillen: Nina und Adrian bauen sich eine kleine Hütte samt Feuerstelle am anderen Ende der Insel.

Tonga. Es liegt mal wieder eine Portion Arbeit vor uns, aber das Vorhaben lohnt sich. Dicke, drei Meter hohe Astgabeln habe ich bereits aus dem Busch herangeschleppt, und eine Ansammlung junger Kokosnusspalmen, wo ich später Palmwedel abschlagen werde, ist auch gefunden. Wir bauen uns eine Hütte am anderen Ende unserer Insel - nach Vorbild eines tongaischen „Fale“. Eine Art Sommerresidenz. Das hatten wir schon monatelang vor, aber immer wieder vertagt.

Mit einer schweren Metallstange stoßen wir zunächst Löcher in die sandige Erde, damit die hohen Astgabeln einen guten Stand haben und nicht vom ersten Wind umgeblasen werden. Obenauf kommen gerade gewachsene Querhölzer, die wir zusätzlich mit Winden von Schlingpflanzen festbinden. Zum Schluss wird alles mit ineinander verflochtenen Palmwedeln bedacht, damit wir vor Regen geschützt sind.

Das ganze Projekt, dessen Sinn sich nicht gleich jedem erschließen mag, hat für uns einen nützlichen Hintergrund: An dieser Stelle der Insel, an der breiten Sandspitze im Südosten, verbringen wir immer öfter Tage und Nächte. Es geht hier immer eine kühle Brise, und es ist definitiv der beste Platz zum Fischen. Da ich vorwiegend bei Dämmerung auf die Jagd gehe, bietet es sich an, die Fische gleich vor Ort auszunehmen und zu grillen. Meist ist es nämlich schon dunkel. Und mit der Taschenlampe den Kilometer zurück ans andere Ende, wo unser eigentliches Heim steht, ist uns fast schon - ein Luxusproblem - zu lästig.

Um einen geeigneten, beständigen Grill zu bauen, haben wir Backsteine und etwas Wellblech (was Einheimische statt Alufolie verwenden) an unseren Lieblingsstrand geschleppt, das Feuerholz decken wir mit einer Plane ab, die an den Ecken mit Steinen beschwert werden. Fertig!

Hat man den besten Platz zum Fischen einmal gefunden, läuft es im wahrsten Sinne des Wortes wie am Schnürchen. Tief muss es sein und strömungsreich, und ein Fischfilet nach dem anderen hüpft mir auf den Wellblech-Grill. Bei kommender Flut ist der Fischzug in der Regel am erfolgreichsten. Auf dem nachmittäglichen Weg dorthin spaziere ich erst mal zehn Minuten durch unseren selbst frei geschlagenen Inselpfad und sammle Köder ein - kleine Einsiedlerkrebse. Alternativ dazu kann ich auch kleine, rote Gummifische verwenden, die durch ihre auffällige Farbe und Geglitzer unter Wasser Makrelen anlocken.

In meinem „Fisch-Eimer“ findet sich alles, was ich brauche. Angelhaken in verschiedenen Größen, Leinen in verschiedener Dicke, Gewicht, spezielle Handspulen und auch Plastikflaschen, um die ich einfach Leine wickeln und sie dann auch als eine Art Angel verwenden kann. Einen Köder am Angelhaken werfe ich etwa zehn Meter weit in die Wellen, anschließend warte ich.

Aber meist nicht sonderlich lange. Erst vibriert die Leine kurz, die ich über den Zeigefinger gespannt halte - das heißt, ein Fisch knabbert bereits - und kurz darauf folgt ein Ruck, der Fisch ist am Haken. Die meisten sind etwa ein bis zwei Kilo schwer, also ganz nette Portionen. Wenn ich auf Größere aus bin, muss ich erst die Leine wechseln, damit sie durch die Kraft des Fisches nicht gleich reißt.

Wenn uns Verwandte aus Deutschland hier auf der Insel über das Satellitentelefon anrufen, stellen sie gerne die Frage: Und, was gibt‘s Neues? Wir antworten stets mit dem Fang des Tages, Art und Größe - und jedes Mal wirken sie recht gelangweilt. Wahrscheinlich entwickelt man auf einer einsamen Insel einfach andere Vorstellungen davon, was einem wichtig ist und was nicht.

Wie zart das Fischfilet am Abend ist und ob es jetzt ein sogenannter Straßenkehrer, ein Stupsnasen-Pompano oder doch wieder ein Snapper ist, das ist uns aus irgendwelchen Gründen wichtig geworden. Wir haben extra ein Fisch-Bestimmungsbuch aus Deutschland dabei, um immer Bescheid zu wissen. Zwischendurch fange ich auch etwas besonders Exotisches und wir müssen erstmal nachschlagen.

Was mich zum Thema Fischen nebenbei auch noch brennend interessieren würde: Wie kann ich Weißspitzen- und Schwarzspitzenriffhaie von meinen besten Ködern, Fischstückchen, fernhalten? Regelmäßig kommen nach wenigen Minuten schwarze Schatten herangeschnellt und zwingen mich dazu, die Leine wieder einzuholen - macht mich wahnsinnig. Dabei habe ich es eigentlich nur auf Makrelen abgesehen oder mit viel Glück auf einen Barrakuda, die sehr selten so nahe an den Strand kommen.

Haie will ich nicht fischen. Nicht nur, weil das Fleisch nicht besonders gut schmecken soll. Nein, Aberglaube ist es. Wer einen Hai tötet, der wird irgendwann selbst von einem Hai getötet - so hieß es während unserer Zeit in Fidschi jedenfalls. In Tonga hat das noch keiner behauptet, nur fesselt mich diese grausame Vorstellung nach wie vor zu sehr. Vor allem, weil mir die Haie gelegentlich besonders nahe kommen, wenn ich im Wasser wate. Sie sind nicht gerade scheu auf ihrem abendlichen Jagdzug.

Zur Stelle, wo unser neues Palmdach entsteht, haben wir jetzt schon einmal vorsorglich für die ersten Sonnenuntergang-Partys eine Grillzange bereitgelegt. Außerdem natürlich Knoblauchzehen und einen Salzstreuer, soll ja nichts fehlen.

Der Fisch wird dann auf Bananenblättern serviert, stilecht. Und glücklicherweise ist unser Vorrat an Rum so groß, dass wir uns dort gelegentlich sogar einen Cocktail dazu gönnen können - wie es sich auf einer Insel gehört meist Pina Colada mit selbst gemachter Kokosnusscreme. Danach, welch Überraschung, leuchten die Sterne am Südseehimmel doppelt so hell.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort