Finanzexpertin Oelmann im Interview: „Auch der Zins hängt von Angebot und Nachfrage ab“

Die Expertin für Finanzen, Annabel Oelmann, gibt einen Ausblick, wie sich Zinsen in Zukunft entwickeln werden.

Finanzexpertin Oelmann im Interview: „Auch der Zins hängt von Angebot und Nachfrage ab“
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Düsseldorf. Der Leitzins der EZB befindet sich seit November auf einem Rekordtief. Sparer können darum durch die niedrigen Zinsen kaum mit der Inflationsrate mithalten. Gut geht es hingegen denen, die sich Geld geliehen haben. Wie geht’s weiter? Annabel Oelmann, Leiterin Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale NRW, blickt auf den Zinsverlauf 2014.

Was sind Ihrer Meinung nach die drei wichtigsten Faktoren für die Zinsentwicklung?

Annabel Oelmann: Erstens: Der Zins ist letztlich auch nur ein Preis — und hängt daher von Angebot und Nachfrage ab. Darüber hinaus ist die Zentralbank ein entscheidender Faktor. Wenn eine Zentralbank den Banken die Möglichkeit verschafft, preiswert Geld bei ihr aufzunehmen, vergeben sie tendenziell auch mehr günstige Kredite. Theoretisch. Dies setzt aber drittens voraus, dass die Banken den Kunden die preiswerten Zinsen auch tatsächlich in Krediten weitergeben.

Wenn jemand sein Vermögen vermehren will, kommt er derzeit an der Börse vorbei?

Oelmann: Chancenorientierte Verbraucher können in der Tat den Teil ihres Vermögens, der auf Investmentfonds oder Sachwerte setzt, erhöhen. Unabhängig davon sollte jeder Verbraucher aber trotz der Niedrigzinsphase eine Liquiditätsreserve von mindestens drei Nettogehältern auf einem Tagesgeldkonto halten.

Muss ich bei einer Langzeitfinanzierung, etwa für ein Eigenheim, bald mit viel höheren Zinsen rechnen?

Oelmann: Natürlich läuft irgendwann jede Zinsbindung aus und eine Anschlussfinanzierung wird erforderlich. Ob wir uns dann wieder — oder immer noch — in einem Zinstief befinden, kann heute niemand sagen. Bei den heute gültigen drei bis vier Prozent vergisst mancher, dass Immobiliendarlehen auch schon mal neun oder mehr Prozent gekostet haben.

Wie sollte ich als Häuslebauer handeln?

Oelmann: Verbraucher sollten vor allem drei Punkte bedenken. Ein günstiger Kredit hilft nicht, wenn das Objekt überteuert ist oder aufgrund der Lage oder des Zustands später nicht oder nur mit Verlust verkauft werden kann. Zweitens: Für eine solide Immobilienfinanzierung brauchen Sie ausreichend Eigenkapital von 20 oder besser 30 Prozent. Drittens: Am Ende der Zinsbindung kann es passieren, dass die Anschlussfinanzierung nur zu einem höheren Zinssatz möglich ist. Das kann dazu führen, dass die Immobilie nicht mehr finanziert und damit gehalten werden kann.

Wer jetzt in eine private Altersvorsorge einsteigen will: Sollte dieser Langfrist-Sparer gezielt in Riester-Fondsprodukte gehen?

Oelmann: Der Erwerb will gut überlegt sein: Man regelt dies oft nur einmal im Leben — auch wenn man regelmäßig kontrolliert und modifiziert — und es geht um eine große Summe. Vier Punkte sind dabei wichtig: Sind Sie überhaupt förderberechtigt? Haben Sie eine Lücke in der Altersvorsorge, die durch Riestern geschlossen werden soll? Welche Produktklasse kommt für Sie infrage — Banksparplan, Fondssparplan, Versicherungslösung, Wohn-Riester oder etwas anderes? Viertens: Je näher der Rentenbeginn ist, desto höher wird der Anteil sein, der in risikoarme Produkte investiert wird. Daher ist es für Verbraucher, die sich für eine Fondslösung interessieren, tendenziell günstiger, dies in jungen Jahren zu tun.

Angenommen ich schenke Ihnen jetzt 50 000 Euro — wie legen Sie es an?

Oelmann: Wie bisher: Die Liquiditätsreserve auf dem Tagesgeldkonto etwas erhöhen, einen größeren Batzen in börsengehandelte Investmentfonds investieren, den Rest auf andere Produktklassen aufteilen — und mir für ein paar Euro etwas gönnen.

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