E-Bike-Selbstversuch: Mit viel Frischluft zum Job

Der Weg zur Arbeit fühlt sich an wie ein kleiner Holland-Urlaub, meint unser Autor. Er testet einen Monat lang ein E-Bike. Dieser Artikel ist ein Zwischenfazit. Alle Folgen des Selbstversuchts gibt es unter wz.de/ebike.

Düsseldorf. E-Bikes sind etwas für Senioren — dachte ich immer. Und von Krefeld nach Düsseldorf, dachte ich lange Zeit, pendelt man eh am besten mit der Rheinbahn. Dann unternahm ich eine Probefahrt auf dem neuen Speed-Pedelec meines alten Schulfreunds Marc — und dachte nochmal nach.

So ein Elektrorad schafft Tempo 45. Es macht Spaß, man schwitzt nicht und ist an der frischen Luft unterwegs. Wäre das nicht eine Alternative? Zeit für einen Selbstversuch: Jeden Tag mit dem E-Bike zur Arbeit, 20 Kilometer hin, 20 zurück, einen Monat lang.

Drei Wochen sind inzwischen vergangen — und ich habe schon eine Menge lernen müssen. Da war zum Beispiel die Heimfahrt, als auf halber Strecke der Akku leer war. Erkenntnis: Ein E-Bike ohne „E“ ist ein verdammt schweres Bike. Weitere Erkenntnis: Mit einem S-Pedelec darf ich auf dem Radweg nicht fahren, aber auch auf der Straße fühle ich mich nicht zuhause. Andere Verkehrsteilnehmer nehmen mich als Radfahrer wahr und rechnen nicht mit einem derart schnellen Gefährt. Ich bin ein Fremdkörper, so oder so.

Dann war da der Tag, an dem ich auf die harte Tour erfahren habe, dass eine Goretex-Jacke und eine wasserdichte Regenjacke bei starkem Niederschlag noch keine komplette Ausrüstung sind — weil das Wasser schnurstracks in die Schuhe läuft. Einen Werkstattbesuch hat das Testrad übrigens auch schon hinter sich.

Die wichtigste und bitterste Erfahrung aber machte ich gleich am ersten Tag: Ich kettete das Rad an der Düsseldorfer Kö mit einem guten Schloss an einen massiven Metallzaun. Abends war es weg. Geklaut.

Bettina Cibulski, Pressesprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs ADFC, wundert das nicht: „Auch das beste Schloss ist irgendwie zu knacken.“ Kleine Fahrradparkhäuser, wie sie derzeit auch in Düsseldorf diskutiert werden, könnten Abhilfe schaffen. Der Club sieht aber vor allem die Arbeitgeber in der Pflicht: „In Deutschland sind schon 1,3 Millionen E-Bikes verkauft worden. Die Firmen müssen reagieren und ihren Mitarbeitern Abstellmöglichkeiten anbieten.“

Im Blog, der diesen Versuch im Internet begleitet, hat Klaus Armonies beschrieben, wie das im Idealfall aussieht: Er pendelt täglich mit dem Rad von Krefeld nach Moers zum St. Josef-Krankenhaus. Dort gibt es einen zugangsgesicherten Fahrradparkplatz für Mitarbeiter. „Er ist kameraüberwacht, und eine unüberwindbare Zaunanlage verhindert Diebstähle. Nur so kann man Mitarbeiter motivieren, mit hochwertigen Rädern zur Arbeit zu kommen“, ist sich Armonies sicher.

Die Zahl der Unternehmen, die wie das St. Josef-Krankenhaus vom ADFC als „fahrradfreundlicher Betrieb“ zertifiziert worden sind, liegt gerade einmal bei 13 — bundesweit. Trotzdem gibt es hoffnungsvolle Signale. So arbeitet beispielsweise die Deutsche Telekom an der Einführung des Firmenfahrrads: Die für den Fuhrpark zuständige Telekom-Tochter MobilitySolutions bereitet für das zweite Halbjahr 2013 eine Pilotphase vor, in der Mitarbeiter des Konzerns E-Bikes nutzen können.

„Ziel ist es, Möglichkeiten und Grenzen von Elektrofahrrädern als ergänzenden Mobilitätsbaustein im Konzern auszutesten“, sagt Sprecherin Katja Werz. In Einzelfällen kann auch eine unkonventionelle Lösung helfen. Im WZ Center an der Kö ist dies eine Fahrt mit einem kleinen Aufzug in den Keller.

Als mein Ersatzrad eintrifft, kann der Test endlich losgehen. Und schon bald sind die ersten Frusterlebnisse vergessen. Draufsetzen, losstrampeln, sich auf dem Deich am Rhein vom (Fahrt-)Wind durchpusten lassen. Das entspannt und fühlt sich ein bisschen an wie Holland-Urlaub. Und im Büro bin ich so schnell wie mit der Bahn — und dabei vom Fahrplan unabhängig.

Ist das E-Bike also ein vollwertiger Ersatz für Auto, Bus und Bahn? Jein. Der Aktionsradius ist mit kaum 30 Kilometern Reichweite zu klein für Termine außerhalb. Bei offiziellen Anlässen können Fahrrad, Regenhose und zerzauste Haare deplatziert wirken. Und spätestens bei Schnee muss das Rad in der Garage bleiben. Für alle anderen Tage — und die sind bei mir in der Mehrzahl — ist das Speed-Pedelec ganz sicher eine gesunde und umweltfreundliche Alternative.

Bleibt die Frage nach den Kosten. Die rund 10 Cent für eine Batterieladung sind kaum der Rede wert. Aber das Testrad kostet 4000 Euro, wenn der Akku kaputt ist, werden bis zu 1000 Euro fällig. Ein Sparmodell ist so ein S-Pedelec nicht. Aber Spaß macht es dafür umso mehr.

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