Margrethe Vestager Das ist die Hoffnungsträgerin der europäischen Liberalen

Brüssel · Milliardenstrafen gegen US-Konzerne wie Google haben Margrethe Vestager zu einer Art Popstar in der EU-Kommission gemacht. Die Liberale aus Dänemark könnte sogar Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker beerben.

 Margrethe Vestager, EU-Wettbewerbskommissarin.

Margrethe Vestager, EU-Wettbewerbskommissarin.

Foto: dpa/Piotr Nowak

Milliardenstrafen gegen US-Konzerne wie Google haben Margrethe Vestager zu einer Art Popstar in der EU-Kommission gemacht. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lobte die Wettbewerbskommissarin für ihr Vorgehen in den höchsten Tönen - und heizte damit Spekulationen an, die Liberale aus Dänemark könnte nach der Europawahl sogar Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker beerben.

Die 51-jährige Vestager ist seit 2014 EU-Kommissarin für Wettbewerbsfragen. Auf ihrer Abschussliste standen schon viele große Namen: Apple verpflichtete sie zur Nachzahlung von 13 Milliarden Euro Steuern in Irland, Google belegte sie gleich dreimal mit Strafen von insgesamt 8,25 Milliarden Euro wegen Marktmissbrauchs.

Anders als viele ihrer Kollegen hat Vestager einen Posten inne, auf dem Europa wirklich Zähne zeigen kann. Auch Amazon, Starbucks, McDonalds bekamen dies zu spüren - alles US-Konzerne, was ihr von Präsident Donald Trump den Beinahmen „Steuer-Lady“ und den Vorwurf einbrachte, die Vereinigten Staaten zu hassen.

In Brüssel gilt die Pastorentochter, die sich mit vier- bis fünfmal Joggen pro Woche fit hält, als zugänglich und unkompliziert. Auch Mitarbeiter sagen, die dreifache Mutter sei in der täglichen Zusammenarbeit im Vergleich zu anderen Kommissaren „wenig hierarchisch“.

Vestager will definitiv in Brüssel bleiben

In Dänemark gehört Vestager der sozialliberalen Partei Radikale Venstre (RV) an, deren Parteichefin sie von 2007 bis 2014 war. 1998 wurde die Wirtschaftswissenschaftlerin mit 29 Jahren jüngste Ministerin ihres Landes. Ab 2011 war sie in der Koalition der sozialdemokratischen Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt Wirtschafts- und Innenministerin.

Vestager macht keinen Hehl daraus, dass sie in Brüssel bleiben möchte. Der dänischen Zeitung „Politiken“ sagte sie im März, sie sei Kandidatin für Junckers Nachfolge. Im April meinte sie dann jedoch, „erste Wahl“ für sie sei, weiter Wettbewerbskommissarin zu bleiben.

Tatsächlich haben die Liberalen als bisher viertstärkste Kraft im Parlament anders als die Konkurrenz keinen „Spitzenkandidaten“ als Anwärter für die Juncker-Nachfolge aufgestellt. Statt dessen gibt es ein „Spitzenteam“ mit sieben Persönlichkeiten. Vestager gehört dazu, und gilt in Brüssel klar als die Nummer eins.

Doch die Dänin müsste für eine Fortsetzung ihrer Karriere in Brüssel auch innenpolitische Widerstände überwinden. Denn für ein neues Kommissionsmandat braucht sie die Unterstützung der aktuellen dänischen Regierung. Und der gehört ihre Partei nicht mehr an.

Auch Christian Lindner lobt Vestager

Vestager setzt dennoch auf Rückendeckung aus Kopenhagen. „Solange man kein schnelles Nein bekommt, kann man weiter auf ein langsames Ja hoffen“, sagte sie "Politiken". Auch die deutsche FDP hält große Stücke auf Vestager. Liberalen-Chef Christian Lindner lobte sie im Januar als „Joker, der für alle Positionen in Frage kommt“.

Die Liberalen als derzeit viertgrößte Fraktion im EU-Parlament haben aber generell ein Problem, wenn es um die Vergabe wichtiger Top-Posten in der EU geht. Sie hatten ursprünglich gehofft, mit der Bewegung La République en Marche von Frankreichs Präsident Macron in den Wahlkampf zu ziehen. Diese nimmt erstmals an Europawahlen teil, ist aber auf das Werben, sich den EU-Liberalen anzuschließen, bisher nicht eingegangen.

Macron dürfte zudem hinsichtlich Vestager etwas ernüchtert sein, seitdem die Wettbewerbskommissarin im Februar die Fusion der Bahnsparten von Siemens und Alstom untersagte. Aus ihnen wollten Berlin und Paris einen „Airbus der Schiene“ schmieden, um sich gegen wachsende Konkurrenz aus China zu wappnen. Auch die Bundesregierung zeigte sich über Vestagers Verbot wenig erfreut.

(AFP)
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