Meinung Zwei Fliegen mit einem Schäuble

Man muss nicht an die historische Rede zum Hauptstadtbeschluss im Jahr 1991 erinnern, um feststellen zu können, dass Wolfgang Schäuble von allen Unionspolitikern der beste Nachfolger Norbert Lammerts als Bundestagspräsident ist.

Ja sogar der einzige, der für diese Herausforderung derzeit geeignet ist. Das zweithöchste Amt im Staate, ein Repräsentant nach innen und außen, Präsident eines schwierigen Sieben-Parteien-Parlaments mit Rechtsfraktion — da ist von A bis Z im Abgeordnetenverzeichnis keiner, der dem 75jährigen auch nur das Wasser reichen könnte. Dass Angela Merkel dafür ihren Besten im Kabinett, ihren Wichtigsten hergibt, zeigt, dass sie die Wichtigkeit dieser Aufgabe verstanden hat. Und dass Schäuble einwilligt, zeigt, dass er verstanden hat, dass er mehr in seinem Leben nicht werden kann.

Freilich hätte Angela Merkel so jetzt noch nicht entscheiden müssen. Finanzen ist und bleibt das Schlüsselressort in jeder Regierung. Das serviert Merkel nun den möglichen Koalitionspartner FDP und Grünen quasi auf dem Silbertablett. Die Weglobung Schäubles ist Merkels Morgengabe für die Jamaika-Koalition. Und das, bevor überhaupt die Sondierungsgespräche geführt sind. Mehr Zeichen von Ernsthaftigkeit geht seitens der Kanzlerin nicht. Merkel löst mit der Personalentscheidung zwei Probleme auf einmal.

Gleichwohl sollte die neue Koalition das Finanzministerium nun nicht wie Ramschware behandeln. Nicht in Zeiten einer weiter schwelenden Eurokrise und schwerer finanzpolitischer Verwerfungen weltweit. Die FDP, die das Amt will und darauf nun auch die größten Chancen hat, muss einen Nachfolger finden, der der Größe der Aufgabe gerecht wird. Der Präsident der europäischen Investitionsbank und regierungserfahrene FDP-Politiker Werner Hoyer fällt einem da ein. Allenfalls noch FDP-Chef Christian Lindner selbst. Unter diesem Niveau geht es nicht.

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