Bundestagswahl 2017 Von Online-Apotheken bis zum Landärztemangel

Was Wolfgang Schuldzinski von der Verbraucherzentrale NRW zu den gesundheitspolitischen Baustellen sagt.

Bundestagswahl 2017: Von Online-Apotheken bis zum Landärztemangel
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Berlin. Ausgewählte gesundheitspolitische Positionen der Parteien:

Arzneimittel-Versandhandel: Die Union bleibt bei ihrer Position und hat das Verbot des Versandhandels für verschreibungspflichtige Arzneimittel in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Auch die Linke will den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten verbieten und die Arzneimittelpreise staatlich festsetzen. Die FDP lehnt ein pauschales Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten ab.

Das sagt Wolfgang Schuldzinski von der Verbraucherzentrale NRW: „Der Versandhandel ist eine zusätzliche Option zur Vor-Ort-Apotheke. Beide Vertriebswege richten sich an unterschiedliche Kundenbedürfnisse und sollten erhalten bleiben. Ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist aus Verbrauchersicht nicht zielführend, zumal es innerhalb der EU erlaubt ist, sich seine Ärzte und Apotheken frei auszusuchen. Ein Verbot ist zudem nicht zeitgemäß. Die Apotheken befürchten, dass es zu einer Ausdünnung in ländlichen Regionen kommt. Bisher gibt es jedoch keine Hinweise, dass die Versandapotheken dazu beitragen könnten.“

E-Health-Strategie: CDU und FDP setzen in der Gesundheitspolitik auf einen Ausbau der Digitalisierung. Das E-Health-Gesetz sei ein erster Schritt.

Wolfgang Schuldzinski: „Eine E-Health-Strategie ist dringend nötig. Der nächste Schritt sollte die elektronische Patientenakte sein. Versicherte sind die Eigentümer ihrer Daten. Sie brauchen deshalb volle Zugriffsrechte auf ihre eigenen Daten. Gute telemedizinische Versorgungsmodelle, die zum Beispiel bereits im Innovationsfonds erprobt worden sind, gehören in die Regelversorgung. Selbstverständlich müssen die zentralen Forderungen nach Datenschutz, Transparenz und Wahlfreiheit gewahrt bleiben. E-Health kann einen Beitrag zur besseren gesundheitlichen Versorgung auch in Regionen leisten, in denen Spezialisten nicht verfügbar sind. Das bedeutet eine bessere Nutzung von medizinischem Know-how für mehr Versicherte. Sie können die direkte Arzt-Patienten-Kommunikation nicht ersetzen, aber wirkungsvoll ergänzen.“

Pflege: Der Pflegeberuf soll aufgewertet werden. Darüber herrscht weitgehend Einigkeit.

Wolfgang Schuldzinski: „Wir brauchen dringend bundeseinheitliche und überprüfbare Personalschlüssel und Personalbemessungsinstrumente in der Pflege, damit die Arbeitsverdichtung nicht weiter zunimmt. Darüber hinaus brauchen wir eine adäquate Vergütung, denn die Einkommenssteigerungen in der Pflege sind in den vergangenen Jahren weit hinter denen der Ärzte zurückgeblieben. In der Pflege braucht es attraktive Arbeitsbedingungen und zudem muss das Arbeitsfeld Pflege insgesamt eine höhere Wertschätzung erfahren.“

Fehlende Landärzte:

Die Parteien wollen die medizinische Versorgung im ländlichen Raum verbessern.

Wolfgang Schuldzinski: „Notwendig ist der Ausbau der Grundversorgung vor Ort etwa durch Gesundheitszentren, gepaart mit einer kleinräumigen und sektorenübergreifenden Notfallversorgung, die für alle Versicherten gut erreichbar ist. In den letzten Jahren sind auch gemeindenahe Versorgungskonzepte erprobt worden. Dazu müssen nicht-ärztliche Gesundheitsberufe gestärkt werden und die Delegation ärztlicher Leistungen ausgeweitet werden. Und nicht zuletzt sollte über den stärkeren Einsatz von Telemedizin — zum Beispiel Videokonferenzen mit dem Arzt — nachgedacht werden. Hier könnten mehr Modellprojekte gefördert werden, Machbares sollte direkt umgesetzt werden.“

Effizienz: Laut FDP fehlt es nicht am Geld, sondern daran, wie effizient die Mittel im Gesundheitsbereich eingesetzt werden. Die Patienten müssten allerdings auch lernen, dass nicht alle medizinischen Hilfsmittel von den Kassen übernommen werden können.

Wolfgang Schuldzinski: „Krankenversicherte haben in der Hilfsmittelversorgung Anspruch auf das medizinisch Notwendige — und das müssen sie auch erhalten. Voraussetzung ist, dass im Einzelfall genau geprüft wird, was nötig ist. Das Problem ist, dass Versicherte schon an der wirtschaftlichen Versorgungslösung scheitern und nicht einmal mit der Mindestausstattung versorgt werden. Sie müssen gemäß ihrem gesetzlichen Anspruch versorgt werden. Das System ist aktuell nicht hinreichend transparent. Es muss für Versicherte transparenter werden, worauf sie Anspruch haben und worauf nicht.“ E.S.

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