Bund der Steuerzahler fordert Obergrenze für Abgeordnete

Der Verband hält 500 Mandatsträger im Bundestag für genug. Die jetzige Rekordzahl von 709 Sitzen erzeugt Mehrkosten von 300 Millionen Euro.

 Abgeordnete im Bundestag während einer Abstimmung. Archivbild.

Abgeordnete im Bundestag während einer Abstimmung. Archivbild.

Foto: Michael Kappeler

Düsseldorf. Der Bund der Steuerzahler fordert eine absolute Obergrenze für Mandatsträger im Bundestag. „500 Abgeordnete sind genug“, sagt der Präsident des Verbandes, Reiner Holznagel. Zur Begründung verweist der Bund der Steuerzahler auf die Rekordzahl von 709 Abgeordneten im neuen Bundestag und die damit verbundenen Mehrkosten. Demnach summieren sich die Ausgaben für Fraktionszuschüsse, steuerfreie Kostenpauschale, die Vergütung der Abgeordneten-Mitarbeiter und weitere mandatsbedingte Kosten im nächsten Jahr auf rund 517 Millionen Euro. Ein Parlament mit der gesetzlichen Soll-Stärke von 598 Abgeordneten würde nach Berechnungen des Verbandes pro Jahr 75 Millionen Euro weniger kosten. Das bedeutet: Im Laufe der Legislaturperiode von vier Jahren entstehen Mehrkosten von rund 300 Millionen Euro.

Laut Holznagel gehören die Ausgaben für ein Parlament zwar zu den „Betriebskosten einer demokratischen Grundordnung“. Ein „aufgeblähter Bundestag“ sei den Wählern aber nicht vermittelbar, der XXL-Bundestag dürfe sich bei der nächsten Wahl nicht wiederholen. Holznagel fordert eine grundlegende Reform des Wahlrechts. Diesen Plan hat in den vergangenen vier Jahren auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) verfolgt. Allerdings ohne Erfolg. Die große Koalition aus Union und SPD hatte trotz etlicher Vorschläge kein Interesse daran, das komplizierte Wahlrecht zu ändern und damit die Zahl der Abgeordneten zu begrenzen.

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Mit Blick auf die Kosten und die Arbeitsfähigkeit des Parlaments hat der Gesetzgeber eine Soll-Stärke von 598 Abgeordneten vorgegeben: 299 Wahlkreise bedeuten 299 Direktkandidaten. Hinzu kommen ebenso viele Abgeordnete über die Landeslisten. Bei der jüngsten Wahl kletterte die Zahl wegen der Überhangmandate. Die entstehen, wenn eine Partei (in diesem Fall CDU/CSU) mehr Mandate mit Erststimmen gewinnt, als ihr nach Zweitstimmen zustehen. Damit die anderen Parteien dadurch nicht benachteiligt werden, bekommen sie ihrem Anteil an den Zweitstimmen entsprechend Ausgleichsmandate. Ergebnis: Mit 709 Abgeordneten liegt der neue Bundestag um 111 Sitze über der Soll-Stärke. Wissenschaftler wie Frank Decker, Politikprofessor an der Universität Bonn, halten eine Reform des deutschen Wahlrechts für dringend geboten. Decker schlägt vor, am System der Wahlkreise und Listen festzuhalten. Aber die Bürger sollten mit einer einzigen Stimme Kandidat und Partei wählen. Wer eine Partei wählt, würde also auch deren Direktkandidaten wählen und umgekehrt. In einem Interview mit „Zeit Online“ verweist Decker darauf, dass dieses Wahlrecht bereits bei der ersten deutschen Bundestagswahl 1949 galt. Auch der scheidende Bundestagspräsident Lammert, der dem neuen Bundestag nicht mehr angehören wird, habe sich für diesen Vorschlag ausgesprochen.

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