Loveparade: Innenminister nimmt NRW-Polizei in Schutz

Jäger weist Bericht über „gravierende Fehler“ zurück. Opposition hält an Kritik fest.

Düsseldorf. Es war eine emotionale, teils heftig und laut geführte Debatte. Mehrmals mussten gestern der Landtagspräsident und seine Stellvertreter eingreifen, um im Parlament für Ruhe zu sorgen. Dort debattierten die Abgeordneten über die Loveparade-Katas-trophe von Duisburg. Anlass: Ein Bericht des „Spiegel“, wonach es vonseiten der Polizei „gravierende“ Fehler bei der Großveranstaltung am 24. Juli vergangenen Jahres gegeben habe.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte dagegen schon früh gemahnt, die Polizisten dürften nicht zum „Sündenbock“ für die Fehler anderer gemacht werden. Auch die neuen Vorwürfe wies er gestern zurück.

Jäger bezog sich auf einen Bericht der Staatsanwaltschaft Duisburg an das Justizministerium. Danach habe es „weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht Anhaltspunkte für eine dienstpflicht- beziehungsweise sorgfaltswidrige Ablösung der Polizeikräfte“ gegeben.

Der „Spiegel“ dagegen berichtet unter anderem, es habe „in den heißen Stunden“ der Loveparade einen Schichtwechsel gegeben, der die Arbeit der Einsatzkräfte behindert habe. Das Gelände der Loveparade war am Unglückstag nur durch einen Zugang zu erreichen — dort war durch immer mehr zuströmende Besucher eine Enge entstanden, in der 21 Menschen starben. Hunderte weitere wurden verletzt und traumatisiert.

Laut Jäger gibt es einen Anfangsverdacht gegen einen Polizeibeamten. Hierbei handele es sich um einen Einsatzleiter. Die Staatsanwaltschaft ermittelt insgesamt gegen 16 Personen — neben dem Polizisten soll es sich um Mitarbeiter der Stadt und des Veranstalters „Lopavent“ handeln.

Die Opposition gab sich nicht zufrieden mit den Aussagen des Ministers. CDU-Fraktionsvize Peter Biesenbach warf Jäger vor, nur auf Druck Informationen offen zu legen und dabei bereits bekannte Details zu veröffentlichen. „Sie predigen Transparenz und mauern“, betonte Biesenbach.

Auch die FDP-Fraktion fühlt sich unzureichend informiert. Innenexperte Horst Engel sprach von „Nebelkerzen“, die der Minister werfe. Es gehe nicht darum, einzelne Beamte anzugreifen, sondern ein „Führungsversagen“ bei der Polizei aufzuklären.

Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), der zahlreiche Opfer der Loveparade als Anwalt vertritt, rief Jäger derweil auf, ein Bekenntnis zur Mitverantwortung des Landes an der Katastrophe abzulegen. „Das ist neben der Schadensregulierung ein längst fälliger Schritt, den das Land Angehörigen und Opfern schuldet.“

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