„Irgendwie kann ich das nicht verstehen“

Viele Duisburger sind irritiert, dass gegen den Oberbürgermeister nicht ermittelt wird.

Duisburg. Dunkle Wolken hängen tief über dem stillgelegten Duisburger Güterbahnhof. Der Boden ist matschig und nass. Ein halbes Jahr nach der Loveparade ist der Ort, an dem 21 Menschen starben und 500 verletzt wurden, am Mittwoch menschenleer. „Zufrieden, Herr Sauerland?“, steht auf einem roten Plakat zwischen Grablichtern und weißen Holzkreuzen. Am Abend zuvor hat die Duisburger Staatsanwaltschaft bekanntgegeben, dass sie jetzt gegen 16 Beschuldigte ermittelt. Im Visier sind elf Mitarbeiter der Stadt Duisburg, vier vom Veranstalter Lopavent und ein Leitender Polizeidirektor. Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) steht nicht auf der Liste.

„Irgendwie kann ich es nicht verstehen“, sagt die 70-jährige Renate Meinhard, die mit einer Einkaufstüte durch den längst wieder für den Verkehr freigegebenen Unglückstunnel spaziert. „Gegen den hätte man doch auch ermitteln müssen.“ Hauptsache endlich ein Fortschritt bei den Ermittlungen, sagt Rentner Arno Kunze, der ebenfalls auf dem Weg zum Einkaufen ist. „Ob Sauerland wirklich schuld war, weiß ich nicht. Die Staatsanwaltschaft wird wissen, was sie tut.“

Gleich nach dem Unglück hatten viele Duisburger ihren Oberbürgermeister als Hauptschuldigen ausgemacht. Sauerland reagierte unbeholfen und wollte aber nicht zurücktreten. Ein halbes Jahr später ist in der Bevölkerung der schlimmste Zorn verraucht.

Vor dem Rathaus, wo noch im Juli mehr als 200 Menschen wütend Sauerlands Rücktritt forderten, bleibt es am Mittwoch ruhig. Im schwarzen Anzug hastet ein Mitarbeiter der Stadt zur Arbeit. „Schade“ sei es, dass nicht auch gegen den OB ermittelt werde, sagt er. „Ich hätte mir gewünscht, dass alle Funktionsträger und Vorgesetzten gleich behandelt werden. So ist es eine Katastrophe für die Mitarbeiter.“ Seinen Namen behält er lieber für sich.

„Meiner Meinung nach trägt Sauerland keine Schuld“, sagt die junge Duisburgerin Ilirjana Ponxhaj. Ihre Wut auf Veranstalter Rainer Schaller, der ebenfalls nicht auf der Liste der Staatsanwaltschaft steht, ist dafür umso größer. „Veranstalter und Polizei hätten das besser organisieren müssen. Als die gemerkt haben, das ist zu eng, hätten sie das sofort stoppen müssen.“

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