Dschungelcamp 2016 Die Dschungel-Fürsten der Finsternis

RTL feiert die Wiederauferstehung seines Erfolgsformats mit starken Einschaltquoten. Das Konzept funktioniert — die Kandidaten auch.

Die Dschungelcamper sorgen für Spitzenquoten.

Die Dschungelcamper sorgen für Spitzenquoten.

Foto: RTL / Stefan Menne

Düsseldorf. Das wirklich Gute an diesem Dschungelcamp-Format „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ ist ja, das den Bewohnern Tag für Tag offensichtlicher in Vergessenheit gerät, warum man denn nun vor einer Woche angereist ist. Geldnot lindern? Promotion für die Karriere? Als Kind schon das CVJM-Zeltlager gemocht? Da zerberstet manches mit Manager aufwendig kreiertes Schausteller-Konzept, weil Hunger, Hitze, verspeiste Ani und Daueranwesenheit des Pritschennachbarn dann doch das Innere nach außen kehren. Soll heißen: der wahre Charakter wird offenbar. Das gefällt dem TV-Voyeuristen auf Sozialstudienfang, immerhin sechs bis acht Millionen schalten täglich ein. Und vertreiben ihr Leid des Tages mit dem Leid der anderen. Kleiner als das eigene ist das selten.

Dann verrät etwa Jenny Elvers, dass sie jetzt — verdammt noch mal — auch wieder Weinflaschen im Supermarkt kaufe, ohne sich dafür an der Kasse zu entschuldigen. Ist ja für einen Freund — und nicht für die Ex-Schauspielerin mit Alkoholproblem. Oder wir sehen den Barden Gunter Gabriel, der immer besser gesungen hat als gelebt und nun feststellt, dass seine Heirat mit einer Prostituierten nicht seine beste Idee gewesen ist, weil die „ziemlich oft weg war“. Dann war Gabriel ziemlich schnell weg. Aus dem Dschungel. Weil dem vermeintlich austrocknenden 73-Jährigen an der Seite des nachlassenden 74-jährigen Rolf Zacher die Dauerbeschallung des spanischen Camp-Beau David Ortega ohne Sinn und noch weniger Verstand spanisch vorgekommen war. Gabriel verabschiedete sich mit den wunderbaren Worten: „Ihr braucht mich nur in die Stadt zu fahren, den Rest mache ich selbst. Das geht nicht so weiter, furchtbar.“ Inzwischen sollen ihm Lähmungserscheinungen außerhalb des Dschungels gekommen sein.

RTL setzt dieses Panoptikum an ehrenwerten Unterhaltungskünstlern dank der Gagschreiber Micky Beisenherz und Jens Oliver Haas im nun zehnten Jahr gewinnend in Szene. Von der Langeweile 2015 haben sich Teilnehmer und Sender ein gutes Stück entfernt. Das muss man dem Format zugute halten: Dass man den Turnaround schaffen kann, wenn Konzept und Kandidaten stimmen. Jener Ortega — mit seinem Vorbild „Dalai Lama bei Facebook befreundet“ — ist dafür ein gutes Beispiel: Kennen tut ihn niemand, aber seine naturphilosophischen Perlen bleiben („Wenn der Baum kaputt ist, dann können alle Bäume auf der Welt das verstehen. Die können kommunizieren, durch die Wurzeln“) und gewinnen mit passend eingespieltem Song von Joshua Radin: „Wondering what’s on your mind“. Frei übersetzt: Man wundert sich, wo dich der Schuh drückt.

Aber was ist das alles gegen die zwei Potagonisten der Dschungel-Finsternis: TV-Sternchen Helena Fürst und Thorsten Legat. Hier die verbissene Dauerkampfhenne aus dem Promi-Z-Lager ohne jeden Humor, dort der einst kickende Ritter ohne Furcht und Tadel, Trainer des „FC Reeeemscheid“, der den Wahnsinn im Blick, aber in sich auch die Lust am Leben trägt. Die Zuschauer drängen die Fürst per Anruf-Abstimmung in jede Dschungelprüfung, weil die das Konzept des Voyeuristen daheim nicht verstehen will: Wer sich ziert und schlaumeiert, wird fortwährend bestraft. Das wissen die anderen, nur profitiert Fürst davon nicht. Und Legat? Vermittelt statt Fußballkunst in Remscheid dem etwas verschüchterten Kandidaten Menderes in Ziehvater-Manier Selbstvertrauen: „Du bist ein Junge, mach mal Kasalla.“ Sowohl Legat als auch Ziehsohn Menderes gelten als Kandidaten auf den Sieg nach zwei Wochen, die am kommenden Samstag zu Ende gehen. Bis dahin wird nun jeden Abend einer der Kandidaten vom TV-Zuschauer aus dem TV-Camp gewählt. Und muss dann zurück in sein Leben. Strafe muss sein.

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