Wuppertaler Spitznamen: Briller Schlösschen – eine doppelte Doppelhaushälfte

Das Briller Schlösschen wurde 1883 erbaut. Heute dient die Villa als Altenzentrum.

Katernberg. Die Doppelhaushälfte ist nach gängigem Verständnis eine Vernunftlösung, bei der sich der Wunsch nach dem Eigenheim kostengünstig erfüllen lässt. Eine Art doppelte Doppelhaushälfte schufen die Wuppertaler ungewollt, als sie das "Briller Schloss" in die Welt setzten. Denn zum Schloss gesellte sich ein Schlösschen, das seinerseits eine Art Zwillingsbruder besaß. Die Bushaltestelle an der Nevigeser Straße hält den Namen noch aufrecht, ansonsten ist längst nicht mehr geläufig, dass das denkmalgeschützte Haus Nummer 77 um 1900 ein beliebtes Ausflugslokal mit dem Namen "Briller Schloss" war.

15 Minuten zu Fuß sind es vom Schloss zum Schlösschen an der Briller Straße 117. Unterwegs verliert sich im Dunkel der Stadtgeschichte, warum die Elberfelder dem "Château" (Schloss) ein "Châtöchen" beigaben. Nur über den Bauherrn ist manches bekannt: Albert Neuhaus war Spross einer Familie, die 1840 eine Farbenimportfirma gegründet hatte und mit Alizarin, einem synthetischen Substitut für Krapp, die Türkischrot-Färbereien an der Wupper beglückte. Albert vertrat die Firmeninteressen in England, als seine Frau Amalia 1873 im Kindbett starb. Der Witwer kehrte mit seinen drei Kindern nach Elberfeld zurück und beauftragte 1883 den Berliner Architekten Walter Kyllmann mit dem Bau eines prächtigen Eigenheims gleich neben der "Weißen Villa" seines Bruders Adolf. Albert sprach nicht etwa von einem "Briller Schlösschen", sondern in Gedenken an seine Gattin von der "Villa Amalia".

Marmorsäulen, Wandgemälde, Stuck, Turm, Dachgarten und Park - mehr brauchten die Elberfelder nicht, um das Ganze als Feudalsitz zu betrachten. Alberts Sohn Charles erbte die Villa und verkaufte sie 1924 an den Fabrikanten Gerhard Hohn, der sie als "Parkheim" notleidenden Freiberuflern zur Verfügung stellte. 1939 richtete das Diakoniewerk Bethesda dort einen Alterssitz für Ordensschwestern ein.

1972 wurde die Weiße Villa abgerissen. Im Februar 1976 gab die Diakonie bekannt, dass die Villa Amalia, gleichsam der verbliebene Zwilling, einem zehnstöckigen Behindertenwohnheim des DRK weichen werde. Unter dem Druck von Bürgern, Kulturamt und Landeskonservator trat das DRK von dem Plan zurück. Der neue Käufer Bernd Westarp bewies, dass sich die Villa entgegen der früheren Darstellung durchaus für soziale Zwecke umbauen ließ. Sie dient seit 1979 als Altenzentrum.

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