Theater: Alle protestieren, aber zu wenige gehen hin

Die Solidarität mit dem Theater ist riesig. In Besucherzahlen schlägt sie sich aber nicht nieder.

Wuppertal. Das Zeichen war deutlich. 36.000 Unterschriften haben die Wuppertaler Bühnen am Welttheatertag an die Stadt übergeben, 5000 Frauen und Männer hatten wenige Stunden zuvor mit einer Menschenkette demonstriert, dass ihr Herz am Schauspielhaus hängt.

Angesichts des Protests, den die angedrohten Sparmaßnahmen ausgelöst haben, könnte man erwarten, dass Wuppertaler Kultur-Liebhaber nun auch in Massen den Saal stürmen und Theaterkarten kaufen - sei es allein, um Solidarität zu zeigen.

Bühnen-Geschäftsführer Enno Schaarwächter kann dies nicht bestätigen. Im Gegenteil: "Die Spar-Diskussion hat sich nicht negativ ausgewirkt, aber wir können nicht feststellen, dass deshalb mehr Gäste kommen." Mit anderen Worten: Die Solidarität spielt sich vor allem außerhalb des Theaters ab, schlägt sich aber nicht in den Besucherzahlen nieder. Mitunter sei sogar ein Rückzug zu spüren, wie Schaarwächter erklärt: "Einige nehmen Abstand von einem Produkt, das ständig im Gerede ist."

In konkreten Zahlen gesagt: In den vergangenen Jahren hatten die Bühnen insgesamt rund 70.000 Gäste bei regulären Aufführungen auf Wuppertaler Boden. Dazu kamen weitere 20.000 Zuschauer bei Gastspielen und Sonderveranstaltungen. Eine Zahl, die der Geschäftsführer auch in der laufenden Saison anvisiert.

Während er mit der Resonanz des Musiktheaters im Opernhaus zufrieden ist, "kann man sich, was das Sprechtheater betrifft, eine größere Auslastung wünschen" - im Opernhaus wohlgemerkt. Dort sind, so lange das Schauspielhaus geschlossen ist, 413 Plätze für Schauspiel-Zuschauer geöffnet. "Es bleibt eine Aufgabe, das Sprechtheater im Opernhaus zu positionieren", betont Schaarwächter mit Blick auf Inszenierungen wie Brechts Drama "Im Dickicht der Städte", das bei weitem nicht ausverkauft war.

Das dürfte nicht allein mit akustischen und optischen Besonderheiten zu tun haben, die zwangsläufig auftreten, wenn Sprechtheater-Stücke in einem Opernhaus aufgeführt werden. Denn andersherum - bei Opern-Inszenierungen im Schauspielhaus - seien keine Probleme entstanden: "Als das Opernhaus saniert wurde und das Opernensemble im Schauspielhaus untergebracht war, gabe es keine Klagen."

Der Grund ist vielmehr ein programmatischer. Während der neue Opern-Intendant Johannes Weigand dem Publikum seit Jahren vertraut ist ("Seine Handschrift ist eine bekannte"), setzt Schauspiel-Chef Christian von Treskow geballt auf neue Sehgewohnheiten und Spielweisen. "Wir unterscheiden uns das sehr von dem, was bisher war. Manche Zuschauer sind überfordert und reagieren verschreckt", stellt Schaarwächter fest. "Wichtig ist, dass man dem Ganzen eine Chance gibt - über mehrere Jahre." Zumal es positive Zeichen gibt: Vor allem im Kleinen Schauspielhaus, das zu einer modernen Experimentierbühne avanciert ist, hat sich das Publikum verjüngt.

Und das Versprechen, an der kleinen Spielstätte im Foyer flexibel auf die Nachfrage reagieren zu können, werde eingehalten. So geht das Erfolgs-Stück "Eine Billion Dollar" in die Verlängerung, weniger stark nachgefragte Stücke wie "Kollaps" würden seltener gespielt.

Konkrete Zahlen zur Auslastung einzelner Produktionen wollen die Wuppertaler Bühnen erst nach Ablauf der Spielzeit veröffentlichen. Doch schon jetzt ist abzusehen, dass die Spar-Diskussion die Zahlen nicht wesentlich beeinflussen dürfte.

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