Schülertal: Diplomaten im Klassenzimmer

Preisträger: Die Kinderkonferenz der Grundschule Friedhofstraße hat bei SchülerTal gewonnen.

Wuppertal. Täglich tauscht Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Staatschefs der Welt Meinungen aus, diskutiert Für und Wider und ringt um Konsens. Dass sich manch Spitzengespräch schon mal zäh wie Kaugummi in die Länge zieht, ist an der Tagesordnung. Anders in der Klasse der 4c der Grundschule Friedhofstraße: Schnell werden hier Streit geschlichtet und Probleme gelöst. Und das in nur einer Unterrichtsstunde.

Die Grundschule Friedhofstraße gehört mit ihrem Projekt "Kinderkonferenz" zu den Gewinnern des Schulpreises SchülerTal. Seit mehr als einem Jahr rufen die Zweit- bis Viertklässler im Klassenzimmer jeden Freitag Konferenzen ein. Auslöser waren zunehmende Streitigkeiten in den Pausen. "Den Streit zu schlichten, hat viel Unterrichtszeit geschluckt", erinnert sich Schulleiterin Christa Werth. Das hat sich geändert. Die Schüler haben gelernt, Konflikte selbst zu lösen.

Wie Diplomaten auf dem internationalen Polit-Parkett debattieren sie über Probleme und finden Lösungen. "Fair soll es laufen", sagt Saskia, die an diesem Morgen die Konferenz moderiert, "jeder soll zu Wort kommen". Ihr zur Seite stehen Protokollführerin Vivianne, Merkan, der für Ruhe sorgt, und Alena, die jedem Sprechzeit schenkt und dafür immer ein Auge auf der Uhr hat.

Das strittige Thema steht im so genannten "Klassenkonferenz-Buch": Ein Schüler aus der zweiten Klasse hatte Daud vor Wochen einen Schneeball ins Auge geworfen. Nachdem die Klasse den Werfer aus der Nachbarklasse zur Rede gestellt hatte, gab es eine saftige Strafe der Konferenz: "Der Schüler sollte in einem Entschuldigungsbrief erklären, warum er das gemacht hat", liest Saskia aus dem Buch vor. Obendrauf sollte er noch zehn Mal schreiben: "Ich darf nicht mit Schnee werfen" und die Pause auf dem Schulhof ist für ihn vorerst gestrichen. Die Prüfung des Falls an diesem Morgen fällt positiv aus. Die Sache ist erledigt. In dieser Woche gab’s keinen Streit.

Was auffällt, ist das ruhige, sachliche Miteinander. Die Grundschüler suchen nach treffenden Worten. Weltmännisch verständnisvoll eben. Dabei ist es ihnen wichtig, dass jeder sein Befinden in der sogenannten "Gefühlsrunde" preis gibt. "Mir geht’s gut. Ich freue mich auf den Wettkampf im Kunstturnen am Wochenende", erzählt Vivianne. Auf diese Weise lernen sich die Schüler kennen. Bei den Grundschülern kommt die Kinderkonferenz an. "Dadurch, dass wir alles gleich wie im Gerichtssaal klären, können wir schnell wieder Freunde werden", sagt Dominik.

Dass man Konflikte nicht völlig im Klassenzimmer vermeiden kann, ist für Schulleiterin Christa Werth klar, "aber den Kindern die Stärke geben, diese auszuhalten und Lösungen zu finden, wird ihnen im späteren Leben helfen." Klassenlehrerin Walburga Schermuly fällt auf, dass die Schüler durch das logische Argumentieren ihre Sprachfähigkeit verbessern.

Wenn’s auch besser im Schulalltag läuft, ist Saskia aber noch nicht völlig zufrieden: "Die Beleidigungen müssen noch weniger werden."

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