Ran ans Wasser: Ein Industriefluss im Wandel

Die Ufer der Wupper wandeln sich. Bis zum Stadtstrand ist es aber noch ein weiter Weg.

Wuppertal. Auch das ist eine Wuppertaler Spezialität: Der Wupperbeach, also der hippe Sandstrand, der auch in den heißen Tagen dieses Sommers wieder für Urlaubsfeeling sorgte, liegt nicht am Fluss, sondern auf dem Berg, genauer neben der Stadthalle. Und das aus gutem Grund. Der Freizeitwert der Wupperufer wird erst seit einigen Jahren entdeckt und genutzt, für einen echten Strand ist der Fluss aber noch nicht bereit.

Traditionell ist die Wupper ein Industriefluss, dessen Ufer wenig einladend waren. Die "Wupper-Strände" sind nicht zugänglich, sondern zugebaut. Der Blick von der Schwebebahn geht auf Mauern und Hinterhöfe.

Dabei ist der Fluss längst keine Kloake mehr und hat durchaus das Potenzial, die Lebensqualität in der Stadt anzuheben.

Gelungen ist dies bisher aber nur partiell - und nicht ohne Probleme. Aus Mitteln des Stadtentwicklungsprogramms Regionale 2006 sind diverse Wupper-Zugänge geschaffen worden. Steinerne Treppen, Ausgucke, Flanier- und Sitzmöglichkeiten, zusammengefasst unter dem ehrgeizigen Titel "Leitlinie Wupper".

Soweit Theorie und Umsetzung. In der Realität treffen die millionenschweren Umbauten auf soziale, unterirdische und bürokratische Rahmenbedingungen. Da waren zunächst die Altlasten, die die Arbeiten am Helene-Stöcker- und am Hartmannufer verzögerten und verteuerten. Die Ufer dienten im Industriezeitalter als Müllkippen, deren giftige Reste heute aufwändig entsorgt werden müssen.

Aber: Dort, wo noch bis in die 70er Müllverbrennungs-Asche als Baugrund verwendet wurde, führt heute die 6700 Quadratmeter große Flaniermeile "Schoolwalk" am Haspel entlang.

Dann die Bürokratie. Um sich versicherungstechnisch abzusichern, wurden zwar Uferschneißen geschaffen, die aber nicht verlassen werden dürfen. Ein Sonnenbad auf der angrenzenden Wiese ist verboten, worauf große Schilder unmissverständlich hinweisen. Etwas entkrampfter ist die Situation an der Rosenau. Für 200.000 Euro schufen Stadt und Wupperverband dort ein renaturiertes Kleinod.

Und schließlich die sozialen Probleme: Einige der aufwändig errichteten Regionale-Wupper-Terrassen werden überwiegend von Menschen mit hohem Freizeitanteil genutzt, die die Zugänge belagern und es sich dort mit Bierflaschen gemütlich machen.

Eine Ausnahme bildet das Islandufer, eine zwei Millionen Euro teure, aus Restmitteln der Regionale finanzierte Uferpromenade am Sparkassenhochhaus. Dort hat vor allem die eigens angesiedelte Gastronomie für so etwas wie eine soziale Durchmischung gesorgt. "Sogar Gäste aus Bayern hab ich neulich getroffen, die spontan mit ihrem Schlauchboot eine kleine Tour über die Wupper machten", beschreibt Sebastian Blasberg das Klientel am Islandufer. Er ist selbst großer Fan des Islandufers und hat sich vom Ambiente inspirieren lassen. Dabei entstanden mehrere Wassermühlen in seiner eigenen Schreinerwerkstatt, die für kurze Zeit in der Wupper platziert wurden. "Das zeigt die Wupper nochmals von einer ganz anderen Seite. Hier ist die soziale Schicht egal. Abends sitzen am Ufer manchmal die Partymenschen, tagsüber kommen Leute zum Mittagessen. Für mich ist dies ein gelungenes Beispiel für Stadtentwicklung", schwärmt Sebastian Blasberg.

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