Leben im Denkmal (2): Ein Haus das viele Rätsel aufgibt

Im Böckmannsbusch steht eins der ältesten Steinhäuser Wuppertals.

Kothen. Hinter einer Schranktür verbirgt sich der letzte Schrei von anno dazumal. „Hier befand sich die Toilette“, erklärt Jörg Weckmüller und zeigt auf den noch zu erahnenden Schacht in der Wand. „Innen liegende Plumpsklos waren damals etwas Besonderes“, Damals? Es ist fast 300 Jahre her, als das Haus Im Böckmannsbusch 31/33 erbaut wurde. Wer auf die moderne Idee kam, das Klo nicht wie gewohnt in den Anbau oder gleich ganz nach draußen zu verbannen, wird aber wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben — und davon birgt das steinerne Wohnhaus, eins der ältesten in Wuppertal, so einige.

1980 hatte Michael Knieriem, später Leiter des Historischen Zentrums, das Gebäude von der Stadt gekauft — quasi als Rettungstat, denn der Erhalt des Baus war zu aufwändig geworden. „Es sollte abgerissen werden“, erinnert sich Weckmüller, der das Haus aus seiner Kindheit kannte und bei einem Kneipenbesuch mit Knieriem auf die Idee kam: „Komm, ich kauf’ dir eine Hälfte ab.“ Der 71-Jährige schmunzelt. „Noch an dem Abend sind wir hingefahren — und haben geknobelt, wer welche Hälfte erhält.“

So malerisch, wie sich das Haus heute Besuchern präsentiert, war es damals längst nicht. Knieriem, der Historiker, und Weckmüller, Geschäftsführer einer Wohnungsbaugenossenschaft, wurden gezwungenermaßen zu Handwerkern. Die alten Holzbalken mussten beispielsweise freigelegt, Wände herausgerissen, das Haus ans Kanalnetz angeschlossen werden. Oft war das Geld knapp, vieles wurde in Eigenregie oder mit der Hilfe von Freunden erledigt. Weckmüller hat ganze Ordner voll mit Bildern der Restaurierung. „Es hat Jahre gedauert“, sagt er und lächelt: „Aber: Man wächst ja mit seinen Aufgaben.“

Wer heute einen Rundgang mit dem Hausherren durch „seine“ rechte Hälfte macht, findet es vor allem gemütlich. Überall ist Holz verarbeitet, alte Bilder an den Wänden zeigen, wie es im Böckmannsbusch früher aussah. Der Blick nach draußen fällt ins Grüne und auf Bienenkörbe. „Wenn ich im Garten sitze, ist das wie Urlaub“, sagt der Hobbyimker.

Im Wohnzimmer hat Weckmüller einen Schaukasten an der Wand, gefüllt mit Scherben, alten Senftöpfchen oder einem antiken, bemalten Pfeifenkopf. „Die Sachen haben wir rund ums Haus gefunden. Das haben die Leute immer einfach aus dem Fenster geworfen, Müllabfuhr gab es damals ja nicht.“

Während die ersten Bewohner des Hauses ein eher betuchtes Leben geführt haben dürften, krebsten Weckmüllers Vormieter im 19. Jahrhundert am Existenzminimum. „Zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben“, verdiente etwa der Vater von Hermann Enters, wie dessen Erinnerungen verraten (siehe Infokasten). „Die Großfamilie wohnte hier in zwei Zimmern“, weiß Weckmüller — Webstuhl inklusive.

„Das Haus ist schon genial gemacht“, findet Michael Knieriem, der mittlerweile in Xanten lebt. Nur zu gern hätte er erfahren, wer damals den Bauauftrag gab. „Aber das Geheimnis habe ich leider nie geknackt.“

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