Kämpfen für das Recht auf Kunst

In einer 24-stündigen Protestaktion wehrten sich Bürger und Künstler gegen die Schließung des Wuppertaler Schauspielhauses.

Wuppertal. 24 Stunden lang traten am Wochenende mehr als 250 Tänzer, Schauspieler und Musiker aus den Opernhäusern und Theatern Nordrhein-Westfalens im Wuppertaler Theater auf, um gegen die städtischen Sparpläne und die drohende Schließung des Schauspielhauses zu protestieren. Im 20-Minuten-Takt improvisierten sie mit Wuppertaler Künstlern, spielten Theater, sangen Lieder, tanzten.

Der Platz vor dem Theater ist voller Menschen. Es ist das, was Theater sein muss: Ein Ort des Treffens, des Austauschs, ein Ort des Lachens und des Nachdenkens. Oder wie es der Wuppertaler Theater-Intendant Christian von Treskow sagt: "Theater ist lokal und kollektiv." Zahlreiche Besucher halten bis in den frühen Morgen durch, um ihren Beitrag zu leisten. Es ist eine Mischung aus Wehmut, Hoffnung und Wut. Und diese Mischung elektrisiert.

"Es sind Kunst und Wissenschaft, die die Menschheit voranbringen, nicht die Bilanzen der Banken", ruft Holk Freytag, der langjährige Intendant der Wuppertaler Bühnen und Vorsitzende der Intendantengruppe im Deutschen Bühnenverein, in die aufgebrachte Menge und stellt die Frage: "Wie stellen wir uns die Stadt in der Zukunft vor?" Resignation verbiete sich angesichts des Generationenvertrages, "der uns darauf verpflichtet, dass künftige Generationen die gleichen Chancen haben".

Schauspielerin Mechthild Großmann, die Wuppertal seit 40 Jahren treu ist, erzürnt sich über den vermeintlichen Zynismus der Politik und die Worte des Regierungspräsidenten Jürgen Büssow: Er gratuliere Wuppertal zu dem Mut, sein Theater zu schließen. "Mut" sei eine dümmliche Wortwahl. Theater habe einen Bildungsauftrag. Eine Generation ohne Theater habe keine Zukunft. Die anwesende Prominenz und Solidaritätsbekundungen aller großen Häuser Deutschlands machten klar: Es gehe nicht nur darum, dass ein Theater geschlossen werde. "Was hier passiert, hat Einfluss auf das Ganze."

Das Wuppertaler Schauspielhaus hat eine glanzvolle Geschichte: Zadek, Bondy und Neuenfels inszenierten dort unter dem Intendanten Arno Wüstenhöfer, Peymann krönte Minetti in ‚König Lear’ und 1973 ging dort der Stern von Pina Bausch auf. Durch die Einsparungen der vergangenen Jahre stehen Schauspiel und Oper am Rande ihrer Existenz. "Unsere Aufgabe wird es sein, die Kraft, die jetzt zu spüren ist, in unsere Aufführungen zu lenken", sagt Intendant von Treskow. Die Wuppertaler sind fest entschlossen, dem Appell Großmanns zu folgen: "Lasst euch das nicht gefallen."

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