Offen gesagt Das letzte Kapitel

Wuppertal. Der Brief des Beigeordneten Panagiotis Paschalis wirft ein bezeichnendes Licht auf den Zustand des Rathauses. Was ist das für eine Verwaltungsspitze, in der ein Mitarbeiter seinen Chef bei dessen Vorgesetzten anzuschwärzen versucht und diesen Brief dann auch noch an die Öffentlichkeit verteilt?

Offen gesagt: Das letzte Kapitel
Foto: Schwartz, Anna (as)

Wie soll es unter diesen Umständen möglich sein, die Stadt Wuppertal zu führen, einen Konzern also, der Milliarden von Euro umsetzt und gut 5000 Menschen beschäftigt? Was hat das mit professionellem Arbeiten zu tun? Nichts. Gar nichts.

Und die Wurzel allen Übels ist wieder einmal politisches Geschacher. Im Versuch, die Grünen nach der Wahl zu einer Kooperation mit der SPD im Stadtrat zu bewegen, haben die Sozialdemokraten ein Dezernat geschaffen, das etwa so sinnvoll ist, wie eine Eismaschine am Nordpol. Dass für das vermeintliche Hochzeitsgeschenk dann auch noch ein Bote ausgewählt wird, der für diesen Job nicht taugt, ist freilich Pech. So etwa kann passieren, muss dann aber korrigiert werden. Es ist aller Ehren wert, dass die SPD sich inzwischen zu diesem Schritt durchgerungen hat. Aber nun ist fraglich, ob sie ihn erfolgreich gehen kann. Denn auch wenn die CDU im Stadtrat mitmacht, braucht die SPD immer noch weitere sechs Mandatsträger, die der überfälligen Abberufung von Paschalis zustimmen. Die Grünen kämen dafür in Frage, die FDP allein reicht nicht aus.

Das hat auch Paschalis erkannt. Deshalb holt er nun zum Gegenschlag aus. Es ist selbstverständlich ein Witz, dass er wegen seines offenbar berechtigten Einwandes gegen das KfZ-Zulassungsgeschäft mit einer Bochumer Firma gefeuert werden soll. Der Fall ist längst geklärt. Und jedem Betrachter mit auch nur einem Funken Menschenverstand ist klar, dass sich an dieser Geschichte kein Beteiligter persönlich bereichert hat. Schaden ist auch nicht entstanden. Denn Aufkleber mit www.wuppertal.de auf Autos mit Bochumer Kennzeichen sind ungefähr so werbewirksam wie Energy-drink-Reklame in einer Leichenhalle. Dass nun offenbar die Staatsanwaltschaft in der Sache ermittelt, ist zwangsläufig und wird vermutlich zu keinem Ergebnis führen. Paschalis ist Rechtsanwalt genug, um das zu wissen.

Aber mit seinem Brief treibt er einen Keil zwischen SPD und CDU auf der einen und Grünen sowie FDP auf der anderen Seite. Die Oppositionsparteien wollen sich nicht nachsagen lassen, einen Dezernenten abzuberufen, der den Finger in eine Wunde gelegt hat. Genau das ist das Kalkül von Paschalis. Ohne Zweidrittel-Mehrheit keine Abberufung.

Das aber wäre fatal. Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass Beigeordneten-Kollegen und Fraktionen mit Paschalis keinen vertrauensvollen Umgang mehr pflegen. Kein Gespräch ohne Zeugen, keine Unterredung ohne Gesprächsnotiz. So ist konstruktive und dringend notwendige kreative Arbeit unmöglich. Deshalb wäre es ein Schaden für Wuppertal, sollte die Abberufung des Dezernenten scheitern.

Bisher war die Lage im Rathaus nicht gut. Seit gestern ist sie schlimm. Für das Schlusskapitel dieser ebenso traurigen wie ärgerlichen Geschichte kann es nun nur noch zwei Enden geben: Sollten sich Paschalis’ Vorwürfe gegen Mucke als unberechtigt herausstellen, braucht er nicht einmal mehr abberufen zu werden. Sollten sie der Wahrheit entsprechen, ist Andreas Mucke als Oberbürgermeister gefährdet.

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