100 Jahre Bauhaus Ein schöner Tag mit Bauhaus in Krefeld

Krefeld · Der bekannte Architekt Mies van der Rohe hat in Krefeld die Häuser Lange und Esters gebaut sowie Firmengebäude für die Verseidag. Auf zur Spurensuche.

 Haus Esters (im Bild, mit Riesen-Zahnbürste von Claes Oldenburg) und das benachbarte Haus Lange an der Wilhelmshofallee sind von Mies van der Rohe entworfen und 1928 bis 1930 gebaut worden. Heute sind sie als Museen in städtischem Besitz.

Haus Esters (im Bild, mit Riesen-Zahnbürste von Claes Oldenburg) und das benachbarte Haus Lange an der Wilhelmshofallee sind von Mies van der Rohe entworfen und 1928 bis 1930 gebaut worden. Heute sind sie als Museen in städtischem Besitz.

Foto: Yvonne Brandt

In ganz Deutschland wird in diesem Jahr das Bauhaus und sein 100. Geburtstag gefeiert. Die Bauhaus-Bewegung wird vorrangig an ihren schulischen Standorten in Weimar, Dessau und Berlin verortet. Dabei ist gerade Krefelds Geschichte eng mit dem Bauhaus verknüpft. Hier lebten und wirkten rund 30 Vertreter der Bauhaus-Bewegung, allen voran der Architekt Mies van der Rohe, seine Partnerin Lilly Reich, die Künstler Johannes Itten, Georg Muche und Laszlo Moholy Nagy. Krefeld war damit in den 1920er- und 1930er-Jahren die Bauhaus-Hochburg im heutigen NRW. Eine Fahrt nach Krefeld, in die frühere Samt- und Seidenstadt, lohnt sich. Die Villen Haus Lange und Haus Esters als Privathäuser sowie das HE-Gebäude für die ehemalige Verseidag von Mies van der Rohe – als sein einziger Industriebau ab 1931 errichtet - sind gut erhaltene Zeugen dieser Zeit. Der Besucher sollte für diesen architektonischen Ausflug ausreichend Zeit mitbringen.

Als Zeitpunkt bieten sich die Tage von Mittwoch bis Sonntag an. Montags sind die heutigen Museen Haus Lange und Haus Esters geschlossen ebenso wie im nahen Kaiserpark am Montag und Dienstag die begehbare Skulptur „Pavillon“ von Thomas Schütte. Sie ist eine in das Heute adaptierte Bauhaus-Idee sowie Begegnungsort und Ausstellungsfläche für Bauhaus und Industrie in Krefeld zugleich. Das von Christiane Lange, der Urenkelin des Seidenfabrikaten Hermann Lange, initiierte und vorangetriebene Projekt MIK (Mies in Krefeld) hat die Geschichte des Bauhauses erforscht und aufgearbeitet. Im Pavillon wird sie erlebbar.

1. Haus Lange und Haus Esters

Die stattlichen Linden rechts und links der Wilhelmshofallee und die großzügigen Grundstücke sind noch heute Ausdruck gehobenen Wohnens in Krefeld. Die beiden ehemaligen Seidenfabrikanten Hermann Lange (1874-1942) und Dr. Josef Esters (1884-1966), leitende Gesellschafter der „Vereinigten Seidenweberei Aktien Gesellschaft“ (kurz Verseidag genannt), hatten dort 1921 und 1923 die Grundstücke 91 bis 97 erworben. Vermutlich war es die Idee Langes, dort ein Villen-Ensemble für beide Familien errichten zu lassen. Lange als international tätiger Kunstsammler suchte gezielt einen modernen Architekten für den Bau seiner Villa. Über den Werkbund, dessen Mitglied er war, lernte er Ludwig Mies van der Rohe kennen. Laut der Publikation „Die Häuser Lange und Esters in Krefeld“ des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege (für vier Euro an der Museumskasse zu erwerben) erhielt Mies 1927 den Auftrag, die beiden Villen für Lange und Esters zu entwerfen.

Entstanden sind zwei ähnliche und doch im Detail sehr unterschiedliche moderne Backstein-Gebäude mit kubischen Formen, L-förmiger Fassade und lang gestreckten, zweigeschossigen Baukörpern. Beeindruckend sind die fließenden Sichtachsen von drinnen nach draußen und von Straße und Garten ins Innere. Obwohl Lange und Esters die Moderne suchten, ging ihnen die Idee von Mies van der Rohe letztendlich aber zu weit, den Wohnbereich nicht mehr in einzelne Räume zu unterteilen. Sie bestanden auf die Trennung der einzelnen Räume.

Gemeinsam mit seiner Partnerin Lilly Reich entwarf Mies auch die Inneneinrichtung sowie die dazugehörigen klar strukturierten Gärten. Ab 1955 dient Haus Lange – zunächst für temporäre Ausstellungen – und ab 1955 dann als Geschenk von Erbe Ulrich Lange an die Stadt als Museum. 1976 erwarb die Stadt außerdem Haus Esters zum gleichen Zweck.

Im Bauhaus-Jahr werden die beiden Villen im Rahmen des Projekts Anders Wohnen zu experimentellen Ausstellungsplattformen. Bis Ende des Jahres bestimmt das Thema Mobilität Villen und Gartenanlage.

2.Schütte-Pavillon im Kaiserpark

Mobilität ist auch das Stichwort für den Schütte-Pavillon, der nicht fest gemauert in der Erde, demontierbar ist und nach zwei, drei Jahren irgendwo anders wieder aufgebaut werden kann. 370 Schritte von den Häusern Esters und Lange in östliche Richtung entfernt, steht er im Kaiserpark. In den acht Kojen im Inneren erfahren die Besucher über Text, Bild, Ton und Dokumentarfilme viel Wissenswertes über die zahlreichen Bauhaus-Akteure, die in Krefeld gewirkt und gelebt haben sowie das Netzwerk von Künstlern, Industriellen, Verbänden, Kultur- und Ausbildungsinstitutionen, die die NS-Diktatur überstand und bis in die 1960er-Jahre reichte.

3. HE-Gebäude für Verseidag

Von der Wilhelmshofallee geht es per Auto oder per Bus und Bahn quer durch die Stadt zum Mies-van-der-Rohe-Business-Park an die Girmesgath. Der bekannte Architekt hatte neben den Villen für die Geschäftsführer der Verseidag auch Industriebauten für das Unternehmen entworfen, die inzwischen unter Denkmalschutz stehen und aufwändig vom heutigen Eigentümer Wolf-Reinhard Leendertz saniert worden sind.

Der Produktions- und Verwaltungsbau, die Shedhalle für die Färberei und das so genannte HE-Gebäude (Gebäude für Herrenfutterstoffe), an der Girmesgath 5 ist einzigartig in der Laufbahn des Architekten. Mies van der Rohe hatte für die Industriebauten nicht den traditionellen Backstein verwendet, sondern Beton, Glas und Eisen. Kennzeichnend sind die klaren, kubischen Körper mit großen, fast etagenhohen Fenstern. Am 21. Juli, 4., 18. August und 15. September gibt es offizielle Führungen, ansonsten sind die Gebäude nur von außen zu betrachten. Weitere Informationen dazu gibt es im Internet.

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