Osterath: Kirchturmuhr spaltet die Osterather

Aus einer Protesthaltung heraus gründete sich vor 21 Jahren Pro Osterath.

Osterath. Satzung, Mitgliedsbeitrag, gemeinnützig, überparteilich - Pro Osterath tritt formvollendet auf. Und hat ein Ziel: Die Mitgestaltung des Osterather Ortskerns. 1989, als die so genannte Wohnumfeldverbesserung heiß diskutiert und lautstark abgelehnt wird, gründet sich der Verein aus einer Protesthaltung heraus. "Wir wollten der schweigenden Mehrheit eine Stimme geben", sagt der Pro Osterath-Vorsitzende Jürgen Bergert.

Sich informieren, das Projekt begreifen und bei den Planungen der Stadt "unsere intimen Ortskenntnisse einbringen" - das verfolgte man im Wortsinn demonstrativ: "Wir haben an einem Freitagnachmittag eine Demo für den Ortskern gemacht, sind mit Kinder- und Bollerwagen langsam über die Hochstraße gezogen", erzählt Bergert.

Eine beachtliche Autoschlange, die jedem Osterather vor Augen führt, welche Verkehrsflüsse vom Ortskern ferngehalten werden könnten, folgt ihnen. Dem gleichen Zweck dient auch das erste Dorffest 1992 auf dem Kirchplatz: "Wir wollten zeigen, was man davon hat, wenn dem Menschen der Ortskern zurückgegeben wird", erläutert sein Mitstreiter Manfred Weigand.

60 Mitglieder "und sehr viele assoziierte" hat man zur Jahrtausendwende. "Jetzt sind es weniger, denn wir haben ja alles, was wir wollen." Auf der faulen Haut liegt der Verein deshalb nicht. Seit dem 1. Mai 1994 wird im Rathauspark alljährlich Parkfest gefeiert, ein Fest der Vereine und für Neubürger aus Osterath West und vom Bommershöfer Weg. Die Hüpfburg war unverzichtbar: "Will man junge Familien erreichen, muss man die Kinder unterhalten. Dann bleiben auch die Eltern."

Kaum etwas hat seit der Ortskernsanierung und vor der Ostara-Planung für so erregte Diskussionen im Dorf gesorgt wie die Kirchturmuhr am romanischen Turm. Dieses Projekt kann man guten Gewissens Manfred Weigand in die Schuhe schieben. Denkmalschützer schlugen eine Sonnenuhr vor (Weigand: "Auf der Ostseite!").

Angelehnt an deren Form macht sich Tüftler Weigand ans Werk. Er entwirft die Kreisbogenuhr von St. Nikolaus: Ein Halbbogen mit vier Stunden-Markierungen sowie Kerben für jede Viertelstunde. Sie hat nur einen Zeiger - eine Herausforderung.

Die Inbetriebnahme im Jahr 2000 soll ein Fest werden: Blasmusik spielt, Bürgermeister Spindler drückt den roten Knopf - "und nix ging", erinnert sich Weigand lachend.

Die Uhrenbauer haben in Osterath ein Abo: Mal steht die Uhr, mal springt der 1,40 Meter lange Zeiger rückwärts, mal eilt er der Zeit voraus. "Ich saß ja sicher im Turm zwischen dem Taubenkot", schildert Weigand das Drama. "Aber ich traf die Osterather in der Kneipe. Was ich mir da alles anhören musste . . .", ergänzt Bergert, noch im Rückblick schaudernd.

Auch jetzt blicken viele Passanten ratlos auf den Turm - Anlass für das nächste Pro-Osterath-Projekt: "Wir wollen eine Tafel auf den Kirchplatz stellen, auf der erklärt wird, wie die Uhr tickt."

Pro Osterath verfolgt jedoch nicht nur eigene Projekte: Bei Gesprächen im Ort, bei Festen, durch Anrufe oder die Vermittlung anderer werde man auf Themen aufmerksam. Dass der Bürgermeister nach einem Feuerwehrfest einst im Dunkeln von Osterath nach Büderich radeln musste, war durchaus von Vorteil, als der Antrag auf eine Beleuchtung des Radwegs kam. "Wenn es allen nutzt, ist daran doch nichts Schlechtes", sagen Bergert und Weigand. In diesem Sinne will sich Pro Osterath gerne einbinden lassen, Drähte nutzen, um etwas für die Bürger zu erreichen. "Klüngel fängt da an, wo etwas nur einem nutzt."

Aufsehenerregende Aktionen hat es lange nicht gegeben, in der Diskussion um den großen Lebensmittelmarkt auf dem Ostara-Gelände hat man sich auffallend zurückgehalten: "Da gibt es im Verein sehr unterschiedliche Meinungen." Aktiv und intensiv will man sich jedoch an einem Masterplan für Osterath beteiligen.

Weigands Vorstellung: "Osterath müsste gezielt als Wohnplatz für Ältere entwickelt werden." Die öffentliche Verkehrsanbindung sei gut, im Dorfkern gebe es Platz, Wohnraum zu schaffen. "Wir müssen die Menschen direkt ins Dorf holen, davon profitieren auch die Geschäfte."

Die Vernetzung der Vereine untereinander sei intensiv, sagt Weigand: "Die Vereine tun viel für die Orte und die Bürger, haben aber alle wenig Nachwuchs." Eine Jugendgruppe könne Pro Osterath nicht einrichten, scherzt er. "Aber es gibt schon Kinder von alten Mitgliedern, die jetzt bei uns eintreten."

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