Mircos Eltern: "Für seine Rückkehr stand immer ein Kuchen bereit"

Die Eltern des getöteten Jungen sprechen über die Festnahme des Täters und das Warten auf ihren Sohn. Immer stand ein frisch gebackener Kuchen auf dem Tisch: "Damit auch Gebackenes da ist, wenn Mirco wieder nach Hause kommt."

Grefrath. Seit einer Woche ist klar: Der kleine Mirco ist tot. Mit einem Gottesdienst wollen die Menschen in Grefrath nun Abschied nehmen. Derweil haben Mircos Eltern erstmals öffentlich über ihre Gefühle gesprochen.

Genau fünf Monate nach Verschwinden des kleinen Mirco nehmen die Menschen in Grefrath an diesem Donnerstag Abschied von dem getöteten Jungen. Etwa 1000 Nachbarn, Freunde und Mitschüler werden am Abend zu einem Trauergottesdienst in dem niederrheinischen Städtchen erwartet.

Wegen der großen Anteilnahme wird die Gedenkfeier aus der Laurentius-Kirche nach draußen übertragen. Der Westdeutsche Rundfunk zeigt den ökumenischen Gottesdienst von 18.30 Uhr an unter www.wdr.de im Internet.

Schon Stunden vor Beginn legte sich Ruhe über Grefrath. Rot-weiße Gitter sperrten den Ortskern ab. Vor der Kirche brannten Grablichter. "Wir werden dich niemals vergessen", steht auf einem handbemalten Schild mit dem Foto des Jungen. Daneben haben Trauernde einen Teddybären abgelegt.

Präses Roman Siewert vom Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden, der die Predigt bei dem ökumenischen Gottesdienst halten sollte, wollte auch für die Familie von Mircos mutmaßlichem Mörder Olaf H. beten. Die Ermordung des Zehnjährigen habe "unendliches Leid" über beide Familien gebracht. Die Eltern von Mirco wollten nicht an der Gedenkfeier teilnehmen. Sie seien an einem "vertrauten Ort", an dem sie sich auf den Abschied von ihrem Sohn vorbereiten, sagte Siewert.

In der kleinen Laurentius-Kirche erinnerte ein Bild an Mirco - man kennt es von den vielen Fahndungsfotos, mit denen die Polizei nach Hinweisen auf den Jungen gesucht hatte. Auf dem Ablaufplan für den Trauergottesdienst stand unter anderem das Lied "Von guten Mächten". Der Theologe Dietrich Bonhoeffer hatte es kurz vor seinem Tod im
Konzentrationslager geschrieben.

In einem Gespräch mit „GEISTbewegt“, einer Zeitschrift der Pfingstbewegung, erinnern sich Mircos strenggläubige Eltern an die Wochen nach dem Verschwinden ihres Sohns. „Wir wollten in den ersten Tagen am liebsten gar nicht mehr das Haus verlassen, weil wir befürchteten, einen wichtigen Anruf oder eine Nachricht zu verpassen“, wird die Mutter in der Online-Ausgabe des Magazins zitiert.

Immer hätten ein frischgebackener Kuchen oder duftende Kekse auf dem Tisch gestanden. „Damit auch Gebackenes da ist, wenn der Mirco wieder nach Hause kommt. Das war uns irgendwie sehr wichtig.“

Nach der Festnahme von Olaf H. habe sich auch Erleichterung breitgemacht, „dass wir nun nicht mehr zwischen Hoffen und Bangen leben müssen“, sagte die Mutter.

Den Täter bezeichnen die Eltern als "belasteten Menschen, der nicht wusste, wohin mit seiner Last. Er muss wohl im wahrsten Sinne des Wortes vom Teufel geritten worden sein. Doch wir wissen, wohin mit unserer Last — wir bringen sie Gott, jeden Tag aufs Neue." Im Gebet fänden sie Trost.

Wann die Ermittler Mircos Leiche freigeben, ist noch unklar. Die Beerdigung soll „in den nächsten Wochen“ im engsten Kreis sein, wie es aus der freikirchlichen Christengemeinde Krefeld hieß - zu ihr gehört die Familie von Mirco.

In einem Online-Kondolenzbuch der Pfingstbewegung fanden sich am Donnerstagmittag Hunderte Einträge. „Die Frage nach dem Warum bleibt“, schrieb dort zum Beispiel eine Familie aus Sachsen.

Seit einer Woche sitzt der mutmaßliche Mörder des zehnjährigen Mirco in Untersuchungshaft. Der 45-Jährige - selbst Vater dreier Kinder - hat gestanden, den Jungen am 3. September getötet zu haben.

Die Polizei bestätigte inzwischen, dass sich Olaf H. selbst eine Verletzung zugefügt hat. Der Vorfall sei aber nicht als Suizid-Versuch zu werten, betonte Polizeisprecher Peter Spiertz. Der Mann gelte nicht als akut selbstmordgefährdet.

Olaf H. habe sich „leichte oberflächliche Hautverletzungen“ zugezogen. Zu den Gründen habe er sich nicht geäußert.

Der Chef der Sonderkommission, Ingo Thiel, wird nicht an der Trauerfeier teilnehmen. Auch Mircos Eltern werden nicht zugegen sein. Dennoch ist etwa der evangelische Pfarrer Hartmut Boecker überzeugt, dass die Eltern aus dem Gottesdienst Kraft schöpfen können. „Ich glaube schon, dass die Familie die Anteilnahme sieht und davon berührt ist“, hatte Boecker gesagt.

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