Fall Mirco: Falsches Geständnis?

Schützt der Angeklagte Olaf H. ein Familienmitglied? Das Krefelder Landgericht ging der Spekulation am Montag nach.

Krefeld. Hinter vorgehaltener Hand war das Gerücht bereits kurz nach der Festnahme von Olaf H. erzählt worden: Der Telekom-Mitarbeiter aus Schwalmtal sei möglicherweise gar nicht der Mörder des zehnjährigen Mirco, sondern er schütze ein Familienmitglied. Die unterschiedlichen Geständnisversionen von Olaf H. bei der polizeilichen Vernehmung hatten dem Gerücht weiteren Auftrieb gegeben — zumal auch das Krefelder Landgericht erheblichen Zweifel an der Richtigkeit der von Olaf H. geschilderten Tatversionen hat.

Am Montag lud der Vorsitzender Richter Herbert Luczak überraschend zwei Ex-Frauen des mutmaßlichen Mörders Olaf H. erneut in den Zeugenstand. Eine der beiden hatte in einer früheren Aussage erklärt, sie könne sich nicht vorstellen, dass ihr Ex-Mann ein Mörder sei: Entweder er sei eine gespaltene Persönlichkeit, oder er schütze jemanden.

Diese Aussage wiederholte die 44-Jährige am Montag. Auf Nachfrage des Gerichts sagte sie jedoch, sie habe für diese Einschätzung keinen konkreten Anhaltspunkt, ihr fehle aber einfach die Vorstellungskraft, dass ihr Ex-Mann den Mord begangen haben könne.

Hintergrund: Auf einem Computer im Haus des Angeklagten war Pornografie mit Minderjährigen gefunden worden. Olaf H. hatte stets bestritten, dass die Bilder von ihm stammen. Auch am Montag ließ er über seinen Verteidiger Gerd Meister erklären, die Dateien stammten „definitiv nicht“ von ihm.

Offensichtlich hatte aber das betreffende Familienmitglied Zugriff auf den Computer. Das Gericht vernahm das noch minderjährige Familienmitglied am Montag dazu — unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Anschließend gab Vorsitzender Richter Luczak in betonter Übereinstimmung mit Verteidiger Meister bekannt, dass sich aus den Vernehmungen keinerlei Verdachtsmomente ergeben hätten. Luczak: „Wir haben keinerlei Anlass anzunehmen, dass das Familienmitglied irgendetwas mit der Tat zu tun hat.“

Zwei Polizisten, die den Computer ausgewertet hatten und etwas zu dem Bilderfund hätten sagen können, wurden als Zeugen wieder ausgeladen.

Am Freitag soll der psychiatrische Sachverständige sein Gutachten über den Angeklagten abgeben. Das Gericht gab ihm dazu — wie im Gesetz vorgesehen — sogenannte „Anknüpfungspunkte“. Daraus kann man erkennen, wie das Gericht den Tathergang vorläufig bewertet. So geht die Kammer davon aus, dass angebliche Erektionsstörungen des Täters keine Rolle spielten. Auch glaubt das Gericht nicht, dass die Begegnung zwischen Olaf H. und Mirco zufällig zustande kam.

Nach Ende des Verhandlungstages erklärte die Anwältin von Mircos Eltern, die als Nebenkläger auftreten, es sei sehr schwer für die Eltern, dass in dem Prozess „nicht der Hauch eines Ansatzes für ein Motiv“ erkennbar sei. „Und wir glauben auch nicht, dass die Frage nach dem Motiv noch beantwortet wird.“

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