„Die Soko Mirco ist da“

Die Ermittler sind sicher: Das Kind wurde aus purem Zufall zum Opfer — weil der dreifache Familienvater Stress im Beruf hatte.

Mönchengladbach. „Die Soko Mirco ist da.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Olaf H. am Mittwoch von seiner Familie. Um 6 Uhr morgens hatten die Ermittler an der Tür des Einfamilienhauses in dem Neubaugebiet in Schwalmtal-Ungerath geklingelt. Wortlos stieg Olaf H. in den Polizeiwagen. „Er verhielt sich völlig normal“, sagt der Leiter der Sonderkommission Mirco, Ingo Thiel.

Im Mönchengladbacher Polizeipräsidium nehmen die Ermittler den dreifachen Familienvater in die Mangel. Erst sagt er, er habe Mirco mit seinem Wagen nur angefahren. Doch dann brechen die Dämme: Der 45-Jährige gesteht die schreckliche Tat.

Der Bereichsleiter eines großen Telekommunikationsuntenehmens habe beruflichen Stress gehabt, sagt Thiel. Tagsüber habe sein Chef ihn „gefaltet“. Da habe der Mann ein Ventil gesucht. Seiner Frau hatte er gesagt, er sei mit Kollegen auf Tour. Thiel: „Da war eine Zeitbombe unterwegs, die sich abreagieren wollte.“

Da sah H. den kleinen Mirco, um 22 Uhr allein mit dem Fahrrad unterwegs. Er schnitt ihm mit dem Wagen den Weg ab, zog den Jungen, der sich vor lauter Überraschung nicht wehrte, in sein Auto, warf das Fahrrad ins Feld und fuhr davon.

Hier beginnt die Spur, die letztlich den Täter überführte. Denn ein Zeuge beobachtete Wagen und Radfahrer, dachte sich aber zunächst nichts dabei. Als das Verschwinden Mircos bekannt wurde, meldete er sich bei der Polizei — und beschrieb den Fahrzeugtyp so exakt, dass die Ermittler sicher waren: Es handelt sich um einen VW Passat Baureihe 6 Kombi, dunkle Farbe. Aber: „150.000 gibt es davon“, so Thiel. „Jede Firma hat solche Autos, selbst die Polizei.“ Dennoch sagten die Ermittler von Anfang an: Über den Wagen werden wir den Täter fassen.

Dabei konnte sich Olaf H. zwischenzeitlich sicher fühlen. Anfang November war der Leasingvertrag des Firmenwagens ausgelaufen, das Auto war in Deutschland stillgelegt und nach Luxemburg verkauft worden.

Am 20. Dezember fiel der Wagen auf. Er wurde wieder zugelassen, und er passte ins Raster der gesuchten Fahrzeuge. Doch es war nur eines von vielen, und es war schwer für die Polizisten, an den Wagen heranzukommen: Das Auto sollte nach Moskau verkauft werden. Doch erst flog der Besitzer noch in Urlaub.

Während dieser Zeit stand der VW Passat am Frankfurter Flughafen. Als der Besitzer zurückkehrte, wurde der Wagen von hessischen Kriminalbeamten untersucht: Es könnte der gesuchte Passat sein. Sofort geht der Wagen ins Kriminaltechnische Institut nach Düsseldorf — Volltreffer.

Zwischenzeitlich, so Thiel, sei Olaf H. aufgrund „technischer Methoden“ in den Fokus gerückt. Die Faserspuren von Mircos Kleidung stimmen mit denen aus dem Pkw überein. Der Kreis schließt sich. H. gesteht: „Okay, ich sag’ euch, wo der Junge liegt.“

Am kommenden Donnerstag soll es eine öffentliche Trauerfeier für Mirco in der katholischen Kirche in Grefrath geben.

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