Kempen/Kreis Viersen Einsatz für ,ländliche Bevölkerung’

Jürgen Heinen ist der Bundestagskandidat von Bündnis 90/Die Grünen. Er will die Zukunft der Region stärken und sichern.

Kempen/Kreis Viersen: Einsatz für ,ländliche Bevölkerung’
Foto: Kurt Lübke

Kempen/Kreis Viersen. Die Sonnenblume im Knopfloch des Jackettrevers sitzt, drei Wochen Urlaub sind vorbei: Der Bundestagskandidat von Bündnis 90/Die Grünen ist bereit für die heiße und bis zum 24. September auch recht kurze Wahlkampfphase. Mit der WZ sprach der 56-Jährige über seine politische Vergangenheit und die Themen, die er als Abgeordneter auf seiner To-Do-Liste ganz oben stehen haben wird.

Westdeutsche Zeitung: Herr Heinen, Sie haben vor mehr als 30 Jahren den Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen in ihrer Heimatstadt Schwalmtal gegründet? Warum?

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Jürgen Heinen: Damals war ich bei den großen Demos dabei: Friedensbewegung, Anti-Atomkraft. Aber der ökologische Gedanke war tragend sowie die ein oder andere soziale Fragestellung. Darüber hinaus hatte ich in der Schwalmtaler Realschule politisch engagierte Lehrer, deren Ansicht ich nicht immer geteilt habe.

WZ: Hat sich Ihre Einstellung seitdem verändert?

Heinen: Es wäre vermessen zu sagen, dass sich meine Einstellung nicht verändert hätte. Es gab immer wieder Entwicklungsäste, wenn man die Partei als Baum betrachtet, die ich nicht nachvollziehen konnte. Aber die Wurzeln sind immer noch meine Wurzeln.

WZ: Womit haben Sie gehadert?

Heinen: Die älteren Dinge habe ich längst abgehakt.

WZ: Und wie ist es heute?

Heinen: Heute sehe ich Prozesse in größerem Zusammenhang als noch mit 20. Das ist für mich ein positives Gefühl. Aber, und das habe ich auch nach der Landtagswahl gesagt, mit der Art und Weise, wie wir auf unsere Wähler zugehen, haben wir es nicht geschafft, unsere Themen mit den Betroffenen gemeinsam zu entwickeln.

WZ: Wie wollen Sie das Problem ändern?

Heinen: Wir sind mit dem Landesvorstand in der Diskussion, wie wir da Punkte setzen können. Vor allem in meinem Fall müssen wir auch unsere Wähler im ländlichen Raum ansprechen, wie wir beispielsweise die Zukunft verändern können.

WZ: Wie meinen Sie das?

Heinen: Das ist konkret mein Thema für die Bundestagswahl. Ich sehe mich als Vertreter der ländlichen Bevölkerung.

WZ: Was machen Sie denn da zum Thema?

Heinen: Das Erzeugen von Nahrungsmitteln. Bäuerliche Betriebe müssen sich qualifizieren. Aber das geht nur gemeinsam und nicht, wenn wir neue Forderungen aufstellen. Veränderungen, die absolut notwendig sind, sind nur mit den Betroffenen gemeinsam zu schaffen. Ich nenne ein Beispiel: Tierschutz will jeder. Aber solange der Verbraucher für einen Liter Milch nur einen Euro oder weniger bezahlen will, kann er auch nicht erwarten, dass die Kühe auf Stroh stehen. Da fehlt dem Bauern das Geld, zumal bei ihm für den Liter Milch nur Cents ankommen und er ja davon leben muss. Diese Beispiele kann man bis zur Schweinemast ausdehnen.

WZ: Haben Sie noch mehr Themen aus dem Bereich auf Ihrer Agenda?

Heinen: Es geht nicht nur um Nahrung. Es geht auch um Gewerbe, Natur und Landwirtschaft. Das sind wesentliche Bausteine der Region. Dinge, die längerfristig erhalten bleiben müssen. Aber auch der Öffentliche Nahverkehr sollte in der ländlichen Region seinem Namen gerecht werden. Und nicht zu vergessen: Wohnraum. Es darf nicht sein, dass es Luxus wird, im ländlichen Raum zu leben. Es geht nicht nur darum zu erhalten, sondern auch zu sichern. Die Bereitschaft, im ländlichen Raum trotz schlechter Infrastruktur zu wohnen, sollte bezahlbar sein.

WZ: Falls Sie in den Bundestag gewählt werden, in welchen Bereichen wollen Sie sich dann engagieren?

Heinen: Dass Leistungen an die Länder weitergeben werden. Und, in diesem Punkt unterscheide ich mich von den anderen Kandidaten, ich möchte mich im Landwirtschaftsausschuss engagieren. Die Arbeit dort ist für die Zukunft des ländlichen Raums wesentlich.

WZ: Warum haben Sie sich für den Bundestag aufstellen lassen?

Heinen: Ich finde, dass es zu viele Berufspolitiker gibt, die beispielsweise Politik studiert haben und sich nur auf diese Karriere beschränken. Es sollte mehr Leute wie mich geben, die andere berufliche Erfahrung haben, die Arbeit und die Leute in ihrem Wahlkreis kennen. Ich habe bei der Abstimmung zur Kandidaten-Wahl 100 Prozent der Stimmen erhalten. Ich bin das erste Mal dabei und habe keinen Listenplatz. Aber man lässt sich aufstellen, um zu gewinnen. Mein Ziel ist es, mittelfristig dieses Mandat zu erkämpfen.

WZ: Will heißen?

Heinen: Auch wenn ich jetzt nicht in den Bundestag einziehen würde, beim nächsten Mal versuche ich es erneut.

WZ: Gesetzt den Fall, die Grünen würden für eine Koalition umworben. Mit wem würden Sie und mit wem nicht?

Heinen: Es gibt drei Einschränkungen: keine AfD, aber das ist ja wohl logisch, eine Zusammenarbeit mit der CDU als Mehrheitsbeschaffer kann ich mir auf Bundesebene nicht vorstellen. Und auch nicht mit der FPD, unter anderem, wegen der Art und Weise, wie im Wahlkampf gegen uns gearbeitet wird. Außerdem ist die FDP eine Lindner-Partei, bei der ich nicht erkennen kann, für welche Inhalte und Grundsätze sie steht.

WZ: Rot-Rot-Grün wäre kein Problem?

Heinen: Nein.

WZ: Was denken Sie, wie die Grünen abschneiden werden?

Heinen: Das ist schwer zu sagen, da die Zahlen so schnelllebig sind. Das wäre zwei Wochen vor der Wahl exakter. Für meine Wahlkreis denke ich, dass wir über dem Bundestrend liegen werden, den ich bei acht bis zehn Prozent sehe.

WZ: Sie arbeiten als Suchtberater bei Kontakt-Rat-Hilfe Viersen. Einem Verein, der auch vom Kreis abhängig ist. Sehen Sie da Abgrenzungs-Probleme?

Heinen: Nein, überhaupt nicht. Dazu sind wir viel zu groß. Wir bekommen von vielen Organisationen Geld.

WZ: Als letzte Frage: Was sind Ihre Stärken und Schwächen?

Heinen: Ich bin sehr ungeduldig und es fällt mir schwer, loszulassen. Ich bin immer online. Meine Stärken sind, größere Zusammenhänge in der Politik zu erkennen und ich kann gut organisieren, bin gut in der Strukturentwicklung.

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