Wilder Krefelder Westen

Auf der Forest Ranch ist ein Blick auf die Zeit der Cowboys möglich. Nur scharf geschossen wird nicht mehr.

Krefeld. High Noon, die Sonne brennt erbarmungslos. Zwei dunkle Gestalten mit Lederhüten, Chaps und Colts in den Gürteln stehen sich gegenüber. Frauen und Kinder flüchten in die Häuser. Die Männer warten gespannt darauf, wer das Duell gewinnen wird.

Eine mögliche Kulisse für diese Szene liegt in Krefelds wildem Westen, an der Oberbenrader Straße. Über sie wacht Sheriff Gerhard Dahler, der Vorsitzende des Cowboyclubs.

Ganoven konnte er bisher keine einsperren "Die haben sich in den letzten 30 Jahren nicht hierhin getraut", sagt der 69-Jährige schmunzelnd. Die Gefängniszelle auf der Ranch ist also noch jungfräulich.

Da setzt sich der passionierte Reiter lieber in den Saloon: "Das ist der schönste Platz." Seit Februar ist der Rentner Vorsitzender des Clubs mit 22 Mitgliedern. Aber auch schon vorher hieß es: kräftig anpacken. Denn die Krefelder Cowboys machen alles, soweit es geht, in Eigenregie. Da klettert Dahler auch mit seinen 69 Jahren aufs Dach über dem Barbier. "Der letzte Hagel macht uns noch zu schaffen", begründet Dahler. Dessen ganze Familie ist mit dem Western-Virus infiziert - "ansonsten geht es zeitlich auch nicht".

Es geht auch nicht ohne Improvisation: Der Schankbalken war mal ein Treppenpfosten, was aber nicht optisch zu wünschen übrig lässt. Detailgetreu mit Originalen, aber auch Nachbildungen erhält das kleine Westerndorf einen authentisches Flair. Mit acht Familien fing es 1979 an, die sich über die Jahre hinweg die Ranch aufgebaut haben. "Es kamen immer mehr Gebäude dazu", schildert der Sheriff. Neben Saloon, Barbier, einem Horseshoe-Laden und der Trading Post gibt es auch eine Kapelle. Dort sind Trauungen möglich - sie ist geweiht. Baldur Sommer, ein ehemaliger Bergmann, hat sie gebaut, nachdem er unter Tage verschüttet war.

Im Ranch-eigenen Museum sind Armeesattel und andere Originale zu bestaunen. Wenn ein anderer Westernclub - auch aus dem Ausland - zu Besuch kommt, wächst der Bestand an Dekorationen. Postkutsche, Kanonen und Shag-Wagen (Küchenwagen) sind zwar nachgebaut, wirken aber wie aus alten Zeiten. "In Krefeld gibt es drei Westernvereine: den Cowboyclub Forest Ranch, die Westernfreunde Crefeld und Nashville", listet Dahler die Gleichgesinnten auf. Die modernen Cowboys sehen verschieden aus: "Die Belgier kommen zum Beispiel immer in Schwarz - als Texas-Ranger", sagt der Sheriff.

Der Ursprung seiner Vorliebe für den wilden Westen beschreibt dieser in der Leidenschaft zu Pferden. Denn die Ranch hat mal sieben Vierhufern ein zu Hause geboten. Heute steht nur noch Martell, ein 22-jähriger Wallach, im Stall. "Das ist ja auch ein Kostenfaktor", wendet Dahler ein, der selber gerne noch seinen 24-jährigen weißen Araber namens Falko reitet.

Die Waffe bleibt zu Hause, das neue Waffengesetz verbietet es den Hobby-Trappern und -Cowboys, ihre einschüssigen Colts zur Schau zu tragen. "Das gilt auch für Messer", fügt Dahler hinzu, der seit 40 Jahren seinem Hobby nachgeht. Vorher war er bei den Westernfreunden Crefeld. Trotz fehlender Waffen ist es erstaunlich, was sich hinter dem Gatter an der Oberbenrader Straße 30 verbirgt. Ein Gast habe mal gesagt: "Hier ist es schöner als in Amerika."

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