Lebenshilfe Wenn Gefühle aus dem Pinsel fließen

Hobby-Künstler der Lebenshilfe nehmen mit ihren Werken am Projekt „Südgang“ teil.

Lebenshilfe: Wenn Gefühle aus dem Pinsel fließen
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Die sieben sind fast fertig mit ihrer Arbeit: Heute entsteht im Atelier ein Gemeinschaftsbild. In der Mitte eine Sonnenspirale, rundherum ein Haus, eine Blume, ein Baum. Die Künstler aus dem Verein Lebenshilfe Krefeld bereiten sich in der Malstunde mit herbstlich inspirierten Motiven auf eine Ausstellung im Südbahnhof vor. Das wird ihre erste Präsentation - viele eigenständige Werke und dieses gemeinsame Bild werden an der Saumstraße gezeigt.

Rahmen dafür ist das Projekt „Südgang“, an dem die Krefelder Lebenshilfe erstmals teilnimmt. Die Beteiligung des Vereins ist ein Schritt auf dem Weg zur Inklusion, denn die Klienten und Bewohner sind Menschen mit geistiger Behinderung. Die Meisten sind von Anfang an dabei, seit 2013.

Für Gisela Witschonke ist der Malnachmittag eine Premiere. Die Gemeinschaft ist ihr wichtig, das betont sie mehrfach. Sie hat am Ende des Tages ein buntes Bild in kräftigen Farben fertig. Ihr Werkzeug ist ein Spachtel, mit dem sie energisch und großzügig zugleich aufträgt.

„Hier können sie alle Techniken und Materialien ausprobieren“, sagte Heike Giesberts über die Teilnehmerinnen. Sie hat die Tische im Altbau mit Nordlicht zu einem großen zusammengestellt: „Jeder kann bei den anderen gucken, wie sie es machen.“ Anregungen und Ideen werden nach Neigung umgesetzt. Wichtig dabei: „Es geht nicht um richtig oder falsch, sondern darum, etwas zu Papier zu bringen, was zusagt.“

Jeanette Merkel hat eine Staffelei gewählt und arbeitet an einem leuchtenden Abendrot mit zwei Kajaks am Seeufer. Sie wechselt darin Perspektive und Dichtigkeit der Farbe: „Ich habe das Bild gesehen und male es aus dem Kopf nach“, sagt sie. An der zweiten Staffelei gestaltet Claudia Möller ein farbenprächtiges Herz — wenn sie es bei der Ausstellung nicht verkauft, wird ihr Freund es zum Einjährigen geschenkt bekommen.

Michaela Kluth sagt zunächst: „Das kann ich nicht.“ Doch sie wird wie die anderen Frauen beim Malkurs angeleitet und gewinnt Zutrauen zu ihrem Können. Bei den Blau- und Grüntönen für die Pfauenfedern auf ihrer Zeichnung lässt sie sich helfen, denn ihre Augen können die Farben nicht unterscheiden.

Künstlerin Heike Giesberts und Lebenshilfe-Mitarbeiterin Irene-Maria Frömming stehen den Frauen mit Rat und Tat zur Seite. Sozialpädagogin und Kunsttherapeutin Frömming hatte die Idee, das Malen im Atelier auch ihren Klienten im „Ambulant Betreuten Wohnen“ anzubieten: „Beim Malen können die Teilnehmer ihre Gefühle ausdrücken und in eine sichtbare Wirklichkeit verwandeln“, sagt sie. Außerdem führe diese Kreativität zu einer tiefen Entspannung.

Spaß macht das Malen übrigens auch. Hier wird viel gelacht und erzählt. Und an diesem Tag liegt zudem Vorfreude in der Luft. Beim „Südgang“ soll ein Querschnitt aus den drei Jahren regelmäßigen Ateliermalens gezeigt werden. Die Stiftung der Lebenshilfe hat neben Material und den anteiligen Kurskosten auch noch ein paar Rahmen und Passepartouts finanziert. Nun werden die Arbeiten für die Präsentation im Südbahnhof ausgewählt.

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