Vom Kartenabreißer zum Chef

Michael Seidel leitet kommissarisch das Cinemaxx. Im Interview spricht er über Knistern, Kino-Küsse und Konkurrenz.

Krefeld. Kinobegeistert ist Michael Seidel schon lange. Der kommissarische Leiter des Cinemaxx Krefeld hat während seines Studiums im Kino gejobbt. Vom Kartenabreißen bis zum Filmvorführen hat er so ziemlich alles ausprobiert.

Herr Seidel, offensichtlich hat Sie das Kinofieber seit der Studienzeit fest im Griff . . .

Michael Seidel: Ja, ich habe 1997 wieder angefangen, fest im Cinemaxx Krefeld zu arbeiten, als Assistent. Eigentlich war das vorhersehbar, denn in der Kinobranche heißt es "Man sieht sich immer zweimal". Wer einmal ein Faible für das Kino hat, den wird man immer wieder dort treffen.

Sehen Sie sich viele Filme an?

Seidel: Meistens habe ich dazu leider keine Zeit. Aber ich sehe mir manchmal Filme an, weil mich die Reaktion des Publikums interessiert oder weil ich wissen will, warum ein Film so beliebt ist. Das Phänomen "Twilight" finde ich spannend. Den Film sehen vor allem zwölfjährige Mädchen. Und die versinken schon bei der Andeutung eines Kusses schmachtend in den Kinositzen.

Was ist das Besondere am Kino?

Seidel: Für mich verrückterweise das, was heute wegen der Technik immer seltener wird. Das Knistern beim Vorführen, wenn der Film leichte Laufstreifen hat, wenn man Nebengeräusche hört. Das ist für mich Kino pur.

Apropos Knistern. Auf welchen Wegen werden die Filme ins Kino gebracht? Kann beim Transport nicht eine Menge passieren?

Seidel: Die Filme kommen in Kartons, die mehrere Schachteln enthalten, bei uns an. Die Kartons werden verplombt und mit Sicherheitsband von Filmspediteuren geliefert.

Der Film muss dann nur noch ins Vorführgerät eingelegt werden?

Seidel: Nein, vorher ist noch eine Menge Handarbeit notwendig. Das ist der Job des Filmvorführers. Jeder Film ist in mehrere Akte unterteilt. Jeder Akt wird auf einen Umspultisch aufgezogen. Auf einem weiteren Umspultisch werden die einzelnen Akte dann zusammengeklebt. Und jeder Film hat ein Startband und ein Endband, damit der Vorführer erkennt, wo er beginnt und endet. Dann fehlen noch der Trailerblock und die Werbung, die werden auch eingefügt.

Das klingt nach einer Arbeit, die sehr viel Präzision und Ruhe erfordert. Gibt es auch mal Pannen?

Seidel: Wenn ein Film spät geliefert wird, also um 19 Uhr, und er soll um 20 Uhr gezeigt werden, kann es für den Vorführer stressig werden. Aber bisher ist es erst einmal vorgekommen, dass durch die Hektik ein Akt auf dem Kopf abgespielt wurde.

Wer, außer den Vorführern, darf eigentlich noch den Vorführraum betreten? Das Filmmaterial ist doch bestimmt sehr empfindlich.

Seidel: Es ist schon besser, wenn die Türen nicht so oft auf und zu gehen, weil dadurch immer Staub aufgewirbelt wird. Der Film magnetisiert sich nach einer Weile und zieht Staub an, dem man mit Pinseln zu Leibe rücken muss.

Wer bestimmt, welche Filme im Cinemaxx Krefeld gezeigt werden?

Seidel: Das regelt unsere Zentrale in Hamburg. Die Cinemaxx-Kette hat zurzeit 30 Kinos deutschlandweit, da ist es gut, dass eine Zentrale den Überblick behält.

Was sagen Sie zu der Behauptung, dass die großen Ketten den kleinen Programmkinos das Leben schwer machen?

Seidel: Die Film-Verleihe achten schon aus eigenem Interesse darauf, dass die kleinen Kinos nicht untergehen. Arthaus-Filme haben ein spezielles Publikum, und der Verleih will sie lieber in Programmkinos zeigen. Außerdem geht ein kleiner Verleih mit nur 50 Kopien auf den Markt, mehr kann er sich nicht leisten.

Ein kurzer Rückblick: Wie sieht Ihre Bilanz für das vergangene Jahr aus?

Seidel: Es gibt immer mal wieder Schwankungen, aber grundsätzlich bleiben die Besucherzahlen auf einem Level, mit dem wir zufrieden sind. Unser Vorteil ist unser großer Einzugsbereich. Zu uns kommen auch Besucher aus Duisburg, Meerbusch oder sogar von der holländischen Grenze.

Welche Filme mögen Sie am liebsten?

Seidel: Allgemein Filme, die zum Nachdenken anregen, die ein wenig schräg sind.

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