Abitur Spicken - wer macht denn sowas?

Generationen von Schülern haben ausgeklügelte Systeme entwickelt, um in Klausuren zu betrügen. Ein Überblick.

Krefeld. Wer hat es denn nicht schon einmal getan? Die Zeit um für eine Klausur zu lernen wurde gut eingeteilt, das schöne Wetter macht einem dann aber mal wieder einen Strich durch die Rechnung. Der Unterrichtsstoff sitzt einfach nicht, ein Spicker muss her.

Ob der klassische zerknitterte Zettel aus der Hosentasche, der vollgekritzelte Unterarm oder neuerdings das abfotografierte Mathebuch auf dem Smartphone, gespickt wurde schon immer.

Was sich aber geändert hat, ist die Art und Weise, wie die Schüler es heutzutage machen. Im Zeitalter von Smartphone und hochmodernen Taschenrechnern ist es schwierig für die Lehrer, den Überblick zu behalten. Doch alleine der Versuch kann den Abiturienten schon die Zukunft versauen.

Die gesetzliche Grundlage ist klar. Smartphones und andere elektronische Geräte haben in den Abiturklausuren nichts zu suchen, in allen Schulen müssen Handys und meist auch die Taschen vor dem Klausurraum abgegeben werden. Wer sich nicht daran hält, kann heftig bestraft werden, denn selbst ein ausgeschaltetes Handy kann als Täuschungsversuch gelten und damit schlimmstenfalls zum Entzug der Arbeit führen.

Ein Auge zudrücken fällt besonders in den Abiturklausuren schwer, der Schulleiter der Gesamtschule Kaiserplatz, Jochen Adrian sagt: „Wir müssen uns am Gesetz orientieren, da gibt es keine Ausnahme.“ Ob es dann eine Abiturprüfung oder eine ganz normale Klausur ist, macht keinen Unterschied, für Adrian ist es viel mehr eine Grundsatzfrage. „Wer versucht zu schummeln, deutet an, es nicht verstanden zu haben. Es geht um die eigene Leistung.“

Dennoch wissen Schulleitung und Lehrer ganz genau, dass sich die Möglichkeiten im Vergleich zur früheren Schulzeit deutlich gemehrt haben. Der Kreativität der Schüler ist dabei kein Ende gesetzt. Wer einen möglichst unauffälligen, aber effektiven Trick sucht, schlägt im Internet nach. Auf verschiedenen Internet-Plattform gibt es sogar Ranglisten, in denen die „10 besten Spick-Tricks“ vorgestellt werden. Ganz weit vorne: Formeln speichern im grafikfähigen Taschenrechner.

All die neuen Tricks sind der früheren Generation verwehrt geblieben. Spickzettel schreiben und gut verstecken, mehr war nicht drin. Während die Schüler also immer größer werdende Ressourcen ausnutzen können, wird es für die Lehrer immer schwieriger den Überblick zu behalten. Adrian sagt: „Jede Generation nutzt ihre Möglichkeiten, die heute nun mal größer sind als früher. Die Lehrer werden immer hinterherhängen.“

Umso wichtiger ist dabei ein gutes Verhältnis zwischen Lehrerkollegium und Schülern. Besonders in den Abiturklausuren setzen die Lehrer auf die Vernunft der Schüler, die schließlich wissen, was für sie auf dem Spiel steht. Dr. Udo Rademacher, Schulleiter des Moltke Gymnasiums, sagt: „Ich glaube, den Abiturienten ist bewusst, was bei den Klausuren auf dem Spiel steht. Sie sind klug genug und ich vertraue meinen Schülern.“

Auch wenn es nie eine hundertprozentige Sicherheit gibt, jeden Schummler zu enttarnen, sind mit größeren Möglichkeiten für die Schüler auch klarere gesetzliche Vorgaben zur Verhinderung eingetreten.

Doch würden die Schüler ihre Energie und Kreativität, die sie für Spicker aufbringen, in ihren Lernaufwand stecken, käme vielleicht auch so die erhoffte Note dabei heraus. Und das mit deutlich weniger Bauchschmerzen und ohne die Angst, erwischt zu werden.

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