So verlief die Sondersitzung zum Finanzskandal

WZ-Krefeld hält Sie hier über die Geschehnisse der Sondersitzung des Rechnungsprüfungsausschusses auf dem Laufenden.

Krefeld. Donnerstagnachmittag, 16 Uhr in Krefeld: Der Raum C2 im Rathaus platzt aus allen Nähten. Viele interessierte Bürger und Verwaltungsmitarbeiter müssen in den Nachbarraum ausweichen, in den die Sitzung per Lautsprecher übertragen wird. Fotografen und Kameraleute filmen aus allen möglichen Perspektiven: Es geht um den Finanzskandal im Fachbereich 21 der Krefelder Stadtverwaltung. Wir berichten, was bei der Sitzung passiert und halten Sie hier auf dem Laufenden.

Eine Analyse der Sitzung lesen Sie in der Freitagsausgabe Ihrer WZ.

20.15 Uhr: Der Ausschuss beschließt einstimmig, eine Anwaltskanlzei damit zu beauftragen, mögliche Konsequenzen zu prüfen. Die Verwaltung hat zwei Wochen Zeit, den Fraktionen Vorschläge zu unterbreiten.

19.50 Uhr: Sitzungsunterbrechung: Butzen hat beantragt, dass einanderer externer Prüfer beauftragt wird, mögliche dienstrechtliche,strafrechtliche oder juristische Konsequenzen des Fehlbuchungsvorgangeszu prüfen - also die Punkte, die in dem jetzigen Prüfauftrag fehlten. Die Grünen wollen sich beraten und beantragen Sitzungsunterbrechung.

19.40 Uhr: Heitmann will den Büroleiter des Oberbürgermeisters zu Aussagen im Prüfbericht befragen. Das lehnt Kathstede ab: "Wir sind hier nicht bei Gericht." Gegebenenfalls werde man Fragen schriftlich beantworten.

19.30 Uhr: Wolfram Gottschalk, Leiter des Rechnungsprüfungsamtes, betont auf die Frage, ob der Oberbürgermeister Einfluss genommen habe, dass es zwar Gespräche gegeben habe, dass er sich Kathstede aber weder inhaltlich noch formal unter Druck gefühlt habe. "Es ging um den Duktus, wie man innerhalb der Verwaltung miteinander umgeht." Wichtig sei eine klare Regelung, wann und ab welcher Höhe das Amt zu informieren habe. Da herrsche unter den Mitarbeitern eine große Verunsicherung. Persönlich bat Gottschalk um Rücksichtnahme, er stehe schon genug unter Druck.

Auch Treuhandpartner nimmt Stellung zur Frage der Dauer des Vorgangs. Gerade die Phase zwischen Amtsübernahme durch Gottschalk und die dann folgenden verwaltungsinterne Abstimmung erscheine sehr lang.

19.05 Uhr: Heitmann zitiert aus dem Prüfbericht, wonach ein Mitarbeiter versucht habe, vor den Prüfern, zwei Blätter aus den Akten zu entfernen, und fragt die Stadtdirektorin, ob dies nicht für eine dienstrechtliche Prüfung ausreiche.

18.55 Uhr: Wilfrid Fabel (CDU) wirft Butzen persönliche Motive für seine massiven Angriffe gegen Rechnugnsprüfungsamtsleiter Wolfram Gottschalk und den Oberbürgermeister vor. Wichtig sei doch, ob Treuhandpartner Hinweise auf eine Verzögerung durch den Kämmerer, den Oberbürgermeister oder andere Verwaltungsmitarbeiter gefunden hat. Ansonsten sei man doch mit dem Bericht der Externen auf dem richtigen Weg und könne nach einer gewissen Zeit prüfen, ob die vorgeschlagenen Gegenmaßnahmen wirken.

18.45 Uhr: Stadtdirektorin Beate Zielke verweist auf eine Reihe von Sicherungen,die man bereits eingezogen habe. Was dienstrechtliche Konsequenzenangehe, solle man den Abschlussbericht der Firma Treuhandpartnerabwarten.

18.35 Uhr: Joachim C. Heitmann (FDP) ist wütend: "Wir müssen uns überlegen, was wir mit dieser Verwaltung machen, denn diese Personenen werden nicht zur Aufklärung beitragen. Nach wie vor hat der Oberbürgermeister keine Stellungnahme abgegeben. Im Gegenteil, er hat die Prüfung dienst- oder strafrechtlicher Konsequenzen - entgegen des Ratsbeschlusses - abgelehnt." Man solle in Erwägung ziehen, eine eigene externe Prüfung in Auftrag geben.

18.25 Uhr: Für Stefani Mälzer (Grüne) ist es unfassbar, dass ein Abteilungsleiter 2001 ohne Rücksprache ein maßgebliches Kontrollsystem einfach außer Kraft setzen kann. Da könne ja möglicherweise Vorsatz eine Rolle spielen. Deshalb fordert sie eine klare Aussage, wie die Kontrolle in diesem Fachbereich funktioniert und wie derartige Fehler künftig ausgeschlossen werden können. Verwunderlich findet die Grünen-Fraktionschefin, dass es dem Fachbereich und dem zuständigen Dezernenten in zehn Monaten nicht gelungen sei, das festzustellen, was Treuhandpartner in drei Woche herausgefunden haben.

18.10 Uhr: Der eigentlicheSkandal, so Butzen, sei die Tatsache, dass der ehemalige KämmererManfred Abrahams und Oberbürgermeister Gregor Kathstede vor allemversucht hätten, ihr eigenes organisatorisches Verschulden und ihreVerantwortung zu vertuschen. Aus politisch-taktischen Gründen seienhier bis weit über den Rand des gesetzlich Zulässigen die Politik undÖffentlichkeit getäuscht worden.

18 Uhr: Die Diskussionbeginnt. Hans Butzen (SPD) beklagt das massive Eingreifen vonOberbürgermeister und Stadtdirektorin in den Aufklärungsprozess. So seiunter anderem auch der Arbeitsauftrag an Treuhandpartner abgeschwächtworden.

17.50 Uhr: Der Vortrag istbeendet. Bongarth hat unter anderem auch auf Verbesserungsmöglichkeitenin der Software verwiesen, so gebe es gute elektronischeSicherungssysteme. Zu prüfen sei auch, ob man weitere Schritte per EDVdurchführen kann, um Fehler zu vermeiden - beispielsweise bei derÜbergabe der Daten vom Finanzamt an die Gewerbesteuerstelle. Im weiteren Verlauf der Untersuchungen wird Treuhandpartner sich diegesamte Organisation des Fachbereichs genau vornehmen undgegebenenfalls alternative Vorschläge unterbreiten werde.

17.30 Uhr: Rainer Bongarthspricht über mögliche und notwendige Verbesserungen im Fachbereich"Zentraler Finanzservice und Liegenschaften" mit rund 100 Stellen. Ganzvorne stehe das Vier-Augen-Prinzip. Hier habe man auch elektronischwieder Sicherheiten eingezogen durch ein Security-System, was einezeitlang augesetzt war. Allerdings sei es zudem ratsam, hier 1,5 Stellen zusätzlich zuschaffen. Ein neues Freigabesystem vermindere das Risiko vonFehlbuchungen. Zudem forderte Bongarth mehr - auch außerplanmäßige -Kontrollen. Es könne nicht sein, dass ein Fachbereich ein"Schattendasein ohne Prüfung" führe.

17.20 Uhr: Teichgräber stellt fest, dass die technischen Probleme mit denunterschiedlichen Systemen letztlich auch zu dem Fehlbuchungsfall imJahr 2006 über 4000 Euro geführt hat. Erste Untersuchungen zum Thema Arbeitsrückstände im Fachbereichergaben Auffälligkeiten beim Umgang mit säumigen Zahlern. Fälle imUmfang von rund 4,4 Millionen Euro wurden nicht ordnugnsgemäßbearbeitet. Aber so Teichgräber, es sei nicht davon auszugehen, dassder Schaden für die Stadt so hoch ist, da in den meisten Fällen davonauszugehen ist, dass die Außenstände nicht mehr einzutreiben sind.

17 Uhr: Teichgräbererläutert in seinem Vortrag "erhebliche organisatorische Mängel", diezu dem "schlimmen Fehler" geführt haben, aber " keine Hinweise aufbetrügerische Handlungen". Unter anderem führt er an, dassGewerbesteuerverfahren und Kassenverfahren über völlig andereEDV-Systeme laufen, so dass bestimmte Vorgänge für die jeweiligenSachbearbeiter gar nicht sichtbar werden. Hinzu kämenKommunikationsmängel zwischen den Abteilungen.

Zudem konstatiert Treuhandpartner, dass die sogenanntenÜberzahlungslisten, die der Kasse wichtige Hinweise hätte geben können,offensichtlich seit Jahren unbearbeitet vernichtet worden seien.Insgesamt sei das Verfahren zum Beispiel bei der Aussetzung einerVollziehung sehr kompliziert und damit fehleranfällig. Allerdingsentspreche sie entsprechenden Anweisungen des Innenministers.

16.30 Uhr: GuntramTeichgräber und Rainer Bongarth von der Firma Treuhandpartner beginnenihren anderthalbstündigen Zwischenbericht über die Fehlbuchung in Höhevon 800.000 Euro. "Wir haben untersucht, wie ein eigentlich einfacher Vorgangkompliziert geworden ist", sagt Teichgräber. Er spricht von mangelnderKommunikation und Problemen bei bestimmten Arbeitsabläufen. DieErkenntnisse basieren auf Gesprächen mit allen Mitarbeitern desFachbereichs, einer Prüfung der Arbeitsabläufe, Aktenstudium undBuchungswirkungen.

16.15 Uhr: Die SPD kritisiert, dass der Arbeitsauftrag nicht - wie gefordert -auch mögliche (z.B. strafrechtliche) Konsequenzen umfasst. Teichgräberweist darauf hin, dass der Arbeitsauftrag wörtlich aus demRatsbeschluss übernommen worden ist: "Daraus ergibt sich nicht dasAufdecken möglicher betrügerischer Handlungen. Das wäre Sache derStaatsanwaltschaft."

16 Uhr: Zunächst gibt Oberbürgermeister Gregor Kathstede eine Stellungnahme ab. Er verspricht eine Neufassung der aus dem Jahr 1977 stammenden Regelung zur Zusammenarbeit mit dem Rechnungsprüfungsamt. Und hat ab sofort veranlasst, dass die Berichte des Amtes an die Verwaltungsspitze nur zur Kenntnis gehen. Eventuelle Stellungnahmen sind separat zu verfassen und beizufügen. Zudem verspricht der Verwaltungschef rückhaltlose Aufklärung der "mehr als unschönen Vorfälle" und regelmäßige Berichte.

"Wir müssen im Rat zudem präzisieren, wann der Ausschuss zu informieren ist - beim ersten Verdacht, bei gesicherten Erkenntnissen oder nach einer sorgsamen Gesamtbetrachtung," so Kathstede.

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