Schlussapplaus: Floriane Kleinpaß nimmt Abschied in kleinen Dosen

Floriane Kleinpaß wechselt nach Essen: „Es ist schön, wenn man geht und traurig ist.“

Krefeld. Für Floriane Kleinpaß ist es eine seltsame Zeit, wie eigentlich immer, wenn plötzlich vieles zum letzten oder zum ersten Mal passiert. Sie hat die letzte gemeinsame Probe mit dem Ensemble hinter sich, das vorerst letzte Mittagessen mit einer Kollegin, die letzte Premiere im Krefelder Theater, wo sie drei Jahre lang gespielt hat. "Es ist schön, wenn man geht und traurig ist", sagt die Schauspielerin. "Es wäre doch schrecklich, gar nicht wehmütig zu sein."

Parallel zum "Abschied in kleinen Dosen", den sie empfindet, erlebt sie in ihrer neuen Heimat Essen vieles zum ersten Mal. Sie arbeitet bereits mit dem dortigen Ensemble, eine Phase, in der sich selbst gestandene Kollegen wie Anfänger fühlen. " Bei der ersten Probe war ich wahnsinnig aufgeregt", gibt die 30-Jährige zu. "Das ist wie ein Sprung ins eiskalte Wasser."

Kleinpaß gehört nicht zu der Sorte Schauspieler, die sich selbst stets im besten Licht betrachten möchten. Sie gibt Unsicherheiten zu und wirkt gerade dadurch selbstbewusst: "Es ist Schwachsinn, dass ein Schauspieler keine Scheu empfinden darf", sagt sie. Auch einen anderen Leitsatz aus der Frankfurter Schauspielschule kann sie nicht mehr hören: Ihr müsst immer auf die Bühne wollen. "Ich habe auch Momente, in denen ich gern allein bin."

Eher ruhig und zurückhaltend wirkt die private Floriane Kleinpaß, und es ist gut möglich, dass ihr genau das auf der Bühne zugute kommt. Wo andere überdrehen, nimmt sie sich zurück, vertraut trotz ihrer zierlichen Gestalt ganz auf die eigene Bühnenpräsenz. So hinterlässt sie selbst in Nebenrollen Eindruck, man bemerkt sie auch im Hintergrund. Dass sie ein Stück tragen kann, hat sie zuletzt als "Yvonne, die Burgunderprinzessin" bewiesen.

Nicht jeder sieht sie so, das hat Kleinpaß schon in der Schauspielschule erfahren müssen. Ein Dozent erklärte ihr unverblümt, dass er sie für vollkommen unbegabt hielt. "Ich habe lange Zeit gebraucht, um mich zu fangen. Aber es hat geholfen, dass ich immer Leute hatte, die an mich geglaubt haben. Man selbst kommt ja erst viel später an den Punkt zu sagen: Das sehe ich ganz anders."

Wie unsicher sie sich anfangs fühlte, lässt sich an ihrem Werdegang ablesen. Zwar war sie in ihrer Heimat Oberhausen schon früh Statistin am Theater: "Aber ich wollte nicht recht glauben, dass ich das wirklich kann." Also probierte sie andere Fächer: erst Germanistik und Romanistik in Duisburg, dann Regionalwissenschaften Ostasien in Köln. "Eine bekloppte Idee", weiß sie heute.

Als sie sich dann doch für die Schauspielerei entschied, stand ihre Familie voll hinter ihr. Durch ihre Eltern, die beruflich beide mit Literatur zu tun haben, war sie dem Zauber der Worte ohnehin früh verfallen, nun konnte sie ihn auf der Bühne selbst heraufbeschwören. "Viel gelernt" habe sie darüber in Krefeld. Von Kollegen wie Joachim Henschke oder Ines Krug, von Regisseuren wie Bernarda Horres, die ihr die Rolle der Anna in "Der jüngste Tag" anvertraute. Kritiker wählten sie daraufhin zur besten Nachwuchsschauspielerin in NRW.

Auf das Abenteuer Essen freut sie sich nun sehr, auch darauf, noch ein Stück näher bei der Familie zu sein, die ihr sehr wichtig ist. In dieser seltsam schönen Zeit denkt Floriane Kleinpaß oft an Hesses Stufengedicht: "Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe/Bereit zum Abschied sein und Neubeginne. (...) Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne."

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