Närrisches Treiben auf der Zielgeraden

Vor dem Karnevalswochenendehaben die Gesellschaften noch einmal aufgedreht.

Krefeld. Die Uerdinger Jecken treffen sich zum Partyfeiern und Tanzen seit nunmehr vierzig Jahren beim Piratenball in der Halle vom Berufskolleg. Mit diesem Ball stellt die Vereinigung der Uerdinger Minister den größten Ball am Linken Niederrhein auf die Beine. So auch am Samstag. „Wir feiern hier mit rund 900 Gästen und dann noch den Gruppen, die auftreten. Und dat is gut!“, schätzt Sitzungspräsident Manfred Weyers.

Bei den Uerdinger Ministern versammelt sich der ehemalige Hofstaat der Uerdinger Prinzenpaare in einem eigenen Verein. Dieses Jahr gibt es ein kleines unkarnevalistisches Jubiläum, denn es ist der vierzigste Piratenball. Die ersten vierzehn Bälle veranstalteten noch seine „Erfinder“, die Linner Flusspionierkompanie — die „Fluppies“. Ob aus deren Requisite noch die Bundeswehr-Tarnnetze stammen, die der Halle neben aller farbenfrohen Karnevalsdekoration eine ungewöhnlich grüne Hängedecke geben?

Für das Programm sorgen die Uerdinger Minister nicht nur im Vorfeld, sondern auch auf der Bühne. Ihr Aufmarsch mit Rosen-Weitwurf — musikalisch unterstützt von der BNZ Brass Band — ist nur ein Warmlaufen. Richtig in Hochform sind die Herren bei ihrer Showgruppe. Heute singen sie im Unterschied zu früher nur noch im Play-back, aber ihre schauspielerischen und tänzerischen Fähigkeiten sind original. Besonders bei den Damen auf der Bühne, die von den Herren auch gespielt werden müssen.

Unter den derzeit achtzig Mitgliedern der Vereinigung finden sich eben keine „echten“ Damen. Mit ihrer Mischung aus Karnevals- und Partymusik sorgten alle auf der Bühne für die richtige Stimmung im Saal. Die Uerdinger feierten sich selber und ließen sich von den Oedingsche Jonges und den drei Eulen-Tenören in Schwung bringen. An den hinteren Tischreihen tanzten die Narren schließlich auf den Stühlen, um auch noch etwas über die Köpfe der anderen hinweg von der Bühnenschau zu sehen. gmk

Am Freitag bei der KG Uzvögel im Stadtwaldhaus standen besonders die tänzerischen Vorführungen, von denen es gleich vier zu bestaunen gab, im Vordergrund. Denn nicht nur die Große Allgemeine aus Köln entsandte ihre „Flöhe“ nach Krefeld, auch die KG Genhüsen aus Mönchengladbach kam mit der eigenen Tanzgarde im Gepäck. Beide Vereine präsentierten Choreographien, die es so im närrischen Treiben nur selten zu sehen gibt. So fegten die Flöhe zu Big-Band-Klängen übers Parkett. Die Squaws der Genhüsener blieben auch auf der Bühne ihrem Indianer-Motto treu und kombinierten hiesiges Brauchtum mit nordamerikanischen Klängen.

Aufgrund des rheinischen Karnevals-Joint-Ventures schallte dann auch nicht nur das typische „Helau“ durch den Saal, sondern ebenfalls das Kölner „Alaaf“ und das Gladbacher „Halt Pohl“. Für die Kalauer zeigten sich am Freitag zwei Eigengewächse der Uzvögel verantwortlich. Helma Birker und Heike Zütphen witzelten sich trotz anfänglicher Nervosität rasch in die Herzen des Publikums. Und für ihre Verdienste im Krefelder Karneval bekam Gisela Schültke die Ehrennadel in Gold verliehen. Präsident Manfred Albers und Vize-Präsidentin Renate Kupke führten wieder einmal tadellos und souverän durch einen Abend, der ganz im Zeichen karnevalistischer Freundschaften stand. dk

Fast bis an die Straße reichte die Schlange am Freitagabend vor dem Heinrichstift in Hüls: Man hatte das Gefühl, alle Hülser pilgerten in das historisch gestaltete Gebäude. Bei der ausverkauften Galasitzung des Sechserrates Hüls schunkelten heldenhafte Ritter neben anmutigen Burgfräuleins und bunten Gartenzwergen. Präsident Lukas Hülbusch heizte den Hülser Jecken zur Begrüßung gehörig ein und verbreitete Vorfreude auf die gemeinsamen närrischen Stunden. Es folgte die Proklamation des Hülser Prinzenpaares Martin I. und Susanne II., die sich vorstellten und herzlich von den Gästen empfangen wurden.

Die Tratschtanten, Charly, der junge Hülser Peter und viele weitere Künstler begeisterten die kostümierten Narren. So unterschiedlich die Darbietungen waren, eins hatten alle gemeinsam: alles drehte sich natürlich um das geliebte Hüls. „Das schöne an unseren Veranstaltungen ist, dass alle unsere Akteure aus Hüls kommen und fast jeder ist auch im Sechserrat“, erzählt Schriftführerin Annika Wittkowski stolz. Für die bunt geschminkten Augen hatte der Verein der katholischen Jugend Hüls etwas vorbereitet: Der Damentanz des Sechserrates begeisterte das Publikum mit Synchronität und Frauenpower. An Applaus übertrumpft wurden sie dennoch von den Herren, die sich Mick Jagger als Vorbild nahmen und Bühne sowie Publikum rockten. jk

Beste Unterhaltung herrschte bei der großen Kostümsitzung der KG 1938 Krefeld Oppum. Im Saal des Gasthof Gietz leitete Sascha Rülicke von der KG 1938 durch ein abwechslungsreiches Programm aus Tanz, Gesang und Klamauk. Zunächst ließen die „Schöpp Op Fanfaren“ mit ihrer Blasmusik die Karnevalsstimmung steigen und der Saal begann zu schunkeln. In der Bütt lieferte das Duo „Labbes on Drickes“ ein amüsantes Zwiegespräch. Eigentlich wollten beide doch nur einen musikalischen Auftritt hinlegen, kamen aber durch ihre immer tiefer gehenden Debatten einfach nicht dazu.

Die Oppumer Prinzengarde gab auch ohne eigenes Prinzenpaar wie immer Vollgas. Der Karnevalsadel sollte jedoch nicht gänzlich fehlen. Zu Besuch war das Prinzenpaar der Stadt Krefeld, Prinz Tobias I. und Prinzessin Nina I., und sorgte mit seinem Hofstaat für gute Stimmung.

Die beiden von „Blöd + Blöd“ sprachen in bester Tünnes und Schäl-Manier über Gewichtsprobleme und das gute Aussehen, was sie sich gegenseitig allerdings absprachen. Einen tänzerischen Höhepunkt der besonderen Art legte die Gruppe „Showtanz Revolution“ hin, die zu moderner Musik auftrat. Auch ein Bauchredner darf auf solch einer Karnevalssitzung nicht fehlen. In diesem Fall war es ein besonders Guter seiner Zunft: Jens Meyers hatte mit seinem frechen Hund Heinz die Lacher auf seiner Seite. Bis spät in die Nacht wurde das Publikum bestens karnevalistisch unterhalten. kw

Auch die Inrather wissen, wie man richtig Karneval feiert. Den Beweis trat am Samstagabend wieder die Gesellschaft Fidele Jröine Jonges im Raphaelsheim an. Präsidentin Birgit Meller, die im Zusammenspiel mit dem Literaten Rainer Erfurth die „Große Sitzung mit Tanz“ leitete, überreichte zu Beginn dem Hausherrn den Hausorden. Pater Julius, Pastor am Kapuzinerkloster, freute sich und fühlte sich, mit Kochmütze und -schürze dekoriert, sichtlich wohl.

Und dann ging es los mit dem Einmarsch des Kinderprinzenpaares aus Stahldorf. Prinz Philipp I. und Prinzessin Giuliane I. legten eine kesse Sohle aufs Parkett, das Publikum jubelte. Schlag auf Schlag ging es weiter, es tanzten die Garden aus Oppum und Stahldorf bis mit Rolf Roosen der erste Büttredner der Gesellschaft einen Professor mimte.

Seit ihrer Gründung im Jahre 1925, nachdem die belgische Besatzung den Karneval wieder erlaubte, versuchen die Jröine Jonges, das Programm überwiegend aus eigenen Kräften zu gestalten. Längst haben sich auch die „Mädsches“ die Gleichberechtigung erstritten und sind unverzichtbar. Siebzehn muntere Programmpunkte gab es, bis kurz vor Mitternacht die Krähenfelder den letzten Orden einheimsten. Und dass man mit der Zeit geht, bewies die Saaldekoration, da hieß es ganz modern „Fid-Jrö-Jo“. hw

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