Museumsbesuch ohne Worte

Gehörlose können zweimal im Jahr bei Führungen die Architektur der Villen Lange und Esters kennenlernen – mit Hilfe einer Gebärdendolmetscherin.

Krefeld. Johannes und Gisela blicken sich in den Räumen der Villen Lange und Esters staunend um und gestikulieren wild mit den Armen. Sie verstehen sich ohne Worte. Die beiden verschaffen sich Gehör, durch Gebärdensprache.

Johannes und Gisela können sich nicht verbal ausdrücken, denn sie sind gehörlos. Trotzdem tauschen sie sich rege über die Fassaden, Mauern und Räume der Villen Lange und Esters von Ludwig Mies van der Rohe aus. Sie nehmen zusammen mit fünf anderen an einer Führung für Gehörlose teil.

Begleitet wird das Ganze von der Gebärdendolmetscherin Ursel Syrzisko. Durch den Museumspädagogen Thomas Janzen werden die Gehörlosen in die Architektur der 1920iger Jahre eingeführt. Der 70-jährige Johannes Witgens aus Tönisvorst blickt erstaunt in die Runde. Sein kleiner Finger bewegt sich schnell von oben nach unten. Das bedeutet "interessant".

Der Rentner ist vor allem von der Architektur und der Modernität der Küche begeistert, die 1927 von dem Stararchitekten Mies van der Rohe entworfen wurde. Gestikulierend macht er deutlich, wie beeindruckt er von den Bauten ist.

Für Johannes Witgens ist es bereits das zweite Mal, dass er an einer Führung für Gehörlose teilnimmt. "Mir gefällt es hier sehr", gibt er der Gruppe und der Museumsführung zu verstehen.

Zustimmend nickt die 63-jährige Gisela Kowalski. Die Krefelderin ist zum ersten Mal in den Villen und vor allem von der Helligkeit und Freundlichkeit des Gebäudes angetan. Mit Gebärdensprache macht sie deutlich, wie neuzeitlich und modern die Bauten sind.

Die Gebärdendolmetscherin übersetzt für den Museumspädagogen, der in seinen Ausführungen weiter fortfährt. "Ich bin sehr begeistert von der modernen Fensterhebetechnik. Ich werde garantiert wiederkommen", sagt Ursel Syrzisko und gibt damit genau das wieder, was die 63-Jährige meint.

Auch wenn die Zeichen für Außenstehende kompliziert erscheinen: Für Gehörlose ist die Kommunikation keine Kunst. Sie benutzen die Gebärdensprache als selbstverständliches Kommunikationsmittel, um wie jeder anderer auch am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Die Führungen für Gehörlose durch die Villen Lange und Esters von Ludwig Mies van der Rohe werden zweimal im Jahr angeboten und sind kostenlos.

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