Freiwilligendienst Mit Fettnäpfchen-Führer für ein Jahr nach Indien

Nach dem Abi zieht es Caterina Karch nach Kalkutta. Dort hilft die 19-Jährige bei einem Projekt für benachteiligte Frauen und Kinder.

Freiwilligendienst: Mit Fettnäpfchen-Führer für ein Jahr nach Indien
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Sie ist 19 Jahre alt und hat am Ricarda-Huch-Gymnasium Abitur gemacht. Leistungskurs Mathe und Englisch, und zumindest die Sprachkenntnisse werden ihr bei dem, was sie vorhat, helfen. Obwohl: „In Kalkutta sprechen die Menschen Bengali, nicht Englisch“, sagt Caterina Karch. Kalkutta ist ihr Ziel: Ein Jahr lang will Karch dort in einem Projekt arbeiten, das indische Frauen aufgebaut haben, um benachteiligten Menschen zu helfen.

Die Stiftung „Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners“ tritt als Vermittler auf. „Sie kümmern sich um alles“, sagt Karch. „Ich wollte länger ins Ausland, und im Studium ist das schwierig“, erzählt sie. „Lieber jetzt noch mal weg und dann sieben Jahre lernen.“

So stieß sie auf das Projekt „Weltwärts“ (siehe Kasten rechts). „Zuerst hatte ich Angebote in Südamerika im Blick“, sagt Karch. „Eine tolle Landschaft.“ In einem Orientierungsseminar der Stiftung stellte sie jedoch fest, dass ihr der Ort nicht wichtig war, sondern ein tolles Projekt. Immerhin: Es sollte nicht Europa sein.

Indien kam in den Blick, sie entdeckte das Projekt NOSKK, bei dem Frauen in einer Art Dorfgemeinschaft leben. „Es gibt eine Kita und Kurse, in denen ihnen beispielsweise ein Handwerk vermittelt wird, damit sie selbstständig für ihren Lebensunterhalt sorgen können.“ Was die 19-Jährige vor Ort erwartet, ist unklar. Einzelzimmer, ein Doppelzimmer mit der Mitstreiterin aus Weimar — alles ungewiss. Caterina macht das nicht nervös. „Ich kann gut Menschen um mich haben. In meinem Schuljahr in den USA habe ich mir ein Jahr lang mit meiner Gastschwester ein Zimmer geteilt.“ Klasse sei, dass ihre Unterkunft eine Kochgelegenheit habe. „Das ist wichtig, obwohl ich indisches Essen mag.“

Kulturschock Indien, praktische Reiseführer, Fettnäpfchen-Führer: Ganz unvorbereitet geht die 19-Jährige das Abenteuer nicht an. Vor der Abreise absolviert sie ein zehntägiges Vorbereitungsseminar zu Kultur und Konflikten. Außerdem hat sich die 19-Jährige eine Sprach-CD Bengali bestellt, „um wenigstens die ersten Kontakte zu bewältigen“.

Wenn die Krefelderin im August in Kalkutta ankommt, erlebt sie den Monsun, 35 Grad und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit. Und: Kalkutta gilt als voll, laut, wuselig und eng: „Ich mag so was.“ 45 Minuten braucht sie von Kalkutta mit dem Zug zum Projekt. „Die holen mich am Flughafen ab, hoffentlich.“

Dass sie im Projekt fürs Fundraising und die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, gefällt ihr. „Immerhin gibt es dort W-Lan!“ Onlinelosen Zeiten sieht sie aber gelassen entgegen. Caterina ist die erste Freiwillige, die die Initiative aufnimmt. „Man kann gewiss viel gestalten, die Aufgabe ist noch nicht definiert.“

Sie hofft, viel vom Land mitzubekommen. 20 Tage hat sie offiziell Urlaub. „Wenn mir alles zu viel wird, fliege ich nach Thailand. Da ist es ja sehr europäisch, da kann ich mich dann im Bikini an den Strand legen.“

Die 19-Jährige wird mit leichtem Gepäck reisen. „Hotpans und Tops mit Spaghetti-Trägern kann ich wohl kaum tragen. Ich werde mir dort angemessene Kleidung besorgen“, sagt sie. „Ich kann mir vieles noch nicht vorstellen.“

Von Freunden und Familie hat sie sich verabschiedet: „Das Offizielle ist erledigt.“ Mutter und Vater besuchen sie in Indien, und auch ihr Freund wird erwartet. Was sagt er zu den Plänen? „Der findet das nicht so toll, aber er kennt das ja. Wir waren schon zusammen, als ich mit 15 Jahren für ein Jahr nach Amerika ging.“ Wird sie Freunde und Familie vermissen? „Ja, schon. Gerade jetzt wird es voll schön.“

Caterina Karch verdient in Indien kein Geld. 11 000 Euro muss sie aufbringen. Flüge und Versicherungen müssen bezahlt werden. Kann jetzt noch was schiefgehen? „Ja, dass ich mein Visum nicht bekomme! Es gilt ein Jahr und ich kann es erst im letzten Moment beantragen.“

70 Prozent der Kosten übernimmt das Ministerium, 30 Prozent müssen die Freiwilligen aufbringen, „damit es jeder machen kann“, sagt Caterina. Sie hat auf dem Gemeindefest der Christuskirche MangoLasssi und Nan verkauft. „Viele Eltern unterstützen mich, weil ich in der Jugendarbeit war.“

Ein Jahr Indien, raus aus dem Lernen, mit Kindern arbeiten und direkt ein Ergebnis sehen: Darauf freut sich Caterina Karch. „Nicht erst sieben Jahre lernen und dann ein Ergebnis haben.“ Das lange Studium kommt danach: Sie hat Jura als Fach gewählt, um für das Recht zu kämpfen, Leuten zu helfen und Dinge zu verändern. „Vielleicht ein bisschen naiv, aber ich würde später gerne für Greenpeace oder eine ähnliche Organisation arbeiten“, sagt sie, und ergänzt lächelnd: „Das sind natürlich Ideen, die viele haben.“

Was wird ihr in Indien fehlen? „Meine extreme Selbstständigkeit. In Krefeld kann ich alles machen, ich wohne in Bockum, das ist perfekt. Alles ist in wenigen Minuten erreichbar.“

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