Mit Charme, Inbrunst und starker Stimme

Jan Plewka, Frontmann der Band Selig, hat eine Schwäche für Rio Reiser. Er wurde beim Konzert dem großen Namen gerecht.

Krefeld. Die Bühne ist leer, der Raum ist dunkel. Und das Konzert beginnt mit "Stiller Raum", einem Lied des großen Musikpoeten, des Königs von Deutschland: Rio Reiser. Dann hören die Konzertbesucher eine Gitarre im hinteren Teil der Kulturfabrik.

Alle Köpfe drehen sich um. Jan Plewka kommt, er singt "Halt dich an deiner Liebe fest" - und er singt großartig. Erst dann folgt die Band und spielt eine sommerlich leichte Interpretation des Klassikers von Ton Steine Scherben, einer der einflussreichsten deutschen Rockbands. Plewka ist eigentlich Frontmann der Hamburger Gruppe Selig, die in den 90er Jahren mit "Ohne dich" ihren ersten großen Erfolg landete und nach einer längeren Pause wieder aktiv ist.

Der Sänger hat eine Schwäche für Reiser, der 1996 an den Folgen seines Alkoholkonsums gestorben ist. Am Donnerstag hat er in Krefeld gemeinsam mit der Schwarz-Roten Heilsarmee sein 99. Konzert unter dem Titel "Jan Plewka singt Rio Reiser" gegeben. Die Besetzung ist perfekt. Plewkas Stimme hat etwas Zerbrechliches, Zärtliches, aber auch das Kraftvoll-Revolutionäre, leicht Wahnsinnige, das Reisers Lieder ausmacht. Und Plewka, der dieses Jahr seinen 40. Geburtstag feiert, covert nicht nur, er lebt die Musik und wird dem großen Interpreten gerecht.

Die Kulturfabrik ist bestuhlt - und die zahlreichen Zuschauer bekommen auch ein wenig charmantes Theater geboten. Zu "Rauch-Haus-Song", dem großen Besetzer-Lied der Scherben, setzt sich Plewka gemeinsam mit der Heilsarmee wie ein Straßenmusiker auf die Bühne, eine Mütze auf dem Kopf und ein Megaphon in der Hand.

Und bereits in diesem Moment, am Anfang des Konzerts, singen alle mit: "Doch die Leute im besetzen Haus riefen: Ihr kriegt uns hier nicht raus!" Erst danach begrüßt Plewka die Krefelder - und geht dabei mit seiner Band durch die Reihen und sammelt "für etwas Gutes - für Bier". Er ist sympathisch, bringt sein Publikum zum Lachen.

Er nutzt die ganze Kufa, geht umher, durch den ganzen Raum, setzt sich auf Schöße, singt von der Empore "Schritt für Schritt ins Paradies". Die Leute sind begeistert - spätestens als er bei "Für immer und Dich" eine Frau auf die Bühne holt, auf die Knie geht und dann über sie herfällt, mit ihr auf dem Boden liegt, ihr etwas zuflüstert (oder singt?), während sie dabei die ganze Zeit lacht.

Plewka hat Spaß auf der Bühne - und seine Musiker auch. Es ist keine One-Man-Show, die die Zuschauer hier geboten bekommen. Die Schwarz-Rote Heilsarmee bedient viele Musikgenres - Jazz, Rock und Reggae. Sie spielt technisch versiert und mit verspielter Inbrunst. Und lustig ist sie auch. Am Ende des Konzerts gibt es stehende Ovationen - und begeisterte Zugabe-Rufe. Bei "Alles Lüge" sitzt keiner mehr, aber alle tanzen.

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