Geburtstag Mit 90 Jahren noch fit in Latein

Hannelore Hartwig feiert ihren 90. Geburtstag. Die gebürtige Berlinerin unterrichtet immer noch Schüler und Studenten in Latein.

Krefeld. Hannelore Hartwig feiert am Donnerstag ihren 90. Geburtstag. Selbst in ihrem hohen Alter unterrichtet sie noch hochmotiviert Schüler und Studenten in dem Fach Latein. „Ich mache es trotz kleiner Wehwehchen noch immer mit großer Begeisterung“, sagt sie. Auch ansonsten ist die ältere Dame noch ziemlich fit und gut gelaunt.

Am 22. September 1926 wurde Hartwig in Berlin geboren. In Görlitz, dem östlichsten Teil des damaligen Deutschlands, hat sie den Krieg miterlebt. Bereits dort in der Schule hat sie Latein gelernt und auch ihr Latinum absolviert: „Damals habe ich mich aber noch nicht in besonderem Maße für die Sprache interessiert.“ Ihre heutigen Kenntnisse hat die 90-Jährige sich erst Jahre später selbst angeeignet. „Ich bin eine so genannte Autodidaktin.“ Sie hat auch Englisch gelernt und bereits mehrmals einige Wochen in Amerika verbracht.

Ihr Mann hat in Görlitz als Lehrer gearbeitet. Als die Stasi ihn aufgefordert hat, Spionagedienste zu leisten, hat das Ehepaar beschlossen, aus Ostdeutschland zu flüchten. Hannelore Hartwig, die zu dieser Zeit bereits mit ihrem zweiten Sohn schwanger war, ist mit ihrem Mann direkt nach St. Tönis gezogen.

„Wir sind hier hergekommen, weil mein Bruder mit seiner Familie auch hier gewohnt hat“, erklärt sie. Dort hat sie dann ihren zweiten Sohn geboren. Zwischenzeitlich ist die Familie wegen des Berufs des Mannes, der Rektor an einer Hauptschule in Krefeld gewesen ist, in die Innenstadt gezogen. Ihr ältester Sohn ist in die Fußstapfen des Vaters getreten. „Auch er ist Rektor an einer Grundschule in Krefeld geworden.“

Nachdem dem Tod von Mann und Sohn, ist die Witwe nach St.Tönis zurückgekehrt.

Bereits seit 50 Jahren unterrichtet sie Schüler und Studenten in ihrer Wohnung in der lateinischen Sprache. Über die Jahrzehnte hat sie mehr als 100 Schülern geholfen, ihr Latinum oder Einstellungstests zu schaffen. „Ich hätte mir eine Art Gästebuch anlegen sollen, in das sich dann jeder meiner Schüler hätte eintragen können. Dann könnte ich heute stolz durch die Seiten blättern und mich an die einzelnen Personen erinnern“, sagt Hartwig.

Momentan hat sie immer noch sechs Schülerinnen und Schüler in der Woche. Früher waren es bis zu 20. Die meisten davon besuchen das Michael-Ende-Gymnasium oder das Gymnasium Marienschule. Abgesehen von einem Lendenwirbelbruch, den sie vor einem halben Jahr erlitten hat, geht es Hannelore Hartwig gesundheitlich gut. „Ich gehe sogar noch selber einkaufen.“

Ihren Geburtstag feiert sie mit ihrer Familie und ihren Freunden. 25 Personen kommen. Ihr Sohn, der als Journalist arbeitet, reist mit Familie aus Berlin an.

„Besonders auf meine zwei Enkel freue ich mich sehr. Mein Sohn hat einen Jungen und ein Mädchen“, sagt Hannelore Hartwig begeistert. Zum Festtag wird ihr der Bürgermeister persönlich gratulieren. „Ich hoffe er bringt Blumen und keinen Wein mit. Viel trinken kann ich aus gesundheitlichen Gründen leider nicht mehr“, erklärt Hartwig lachend.

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