Lesung: Randi Crott — ihre ganz persönliche Geschichte

Die Journalistin las in der Mediothek aus ihrem Buch „Erzähl es niemandem! Die Liebesgeschichte meiner Eltern.“

Lesung: Randi Crott — ihre ganz persönliche Geschichte
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Der Andrang ist groß. Die 125 Stühle im Atrium der Mediothek reichen nicht aus. Im Rahmen der jüdischen Kulturtage liest Randi Crott aus ihrem Buch „Erzähl es niemandem! Die Liebesgeschichte meiner Eltern“. Der hohe Altersdurchschnitt im Publikum macht deutlich, dass es wohl nicht allein die Liebesgeschichte ist, die zieht, sondern sicherlich auch der historische Rahmen.

Maren Jungclaus vom Literaturhaus Düsseldorf, die den Abend moderiert, und die Autorin sprechen gleich einen wichtigen Aspekt des Buchs und der authentischen Geschichte an: Die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs im Norden Europas, aber auch Skandinavien im Allgemeinen habe man — heute wie früher — in Deutschland wenig im Blick.

Auch für Randi Crott, Journalistin, Moderatorin und Tochter einer norwegischen Mutter und eines deutschen Vaters, der als Wehrmachtssoldat zu den Besatzungstruppen gehörte, galt dies lange Zeit. Die durch die äußeren Umstände höchst problematische Beziehung zwischen ihren Eltern beginnt im nordnorwegischen Harstadt im April 1942. Dies ist eine Ebene des Buches.

Die zweite Ebene beschäftigt sich mit der Geschichte des Vaters Helmut. Durch seine jüdische Großmutter gehört er als Halbjude zu den unerwünschten Personen. Der Buchtitel „Erzähl es niemandem“ zieht sich durch Randi Crotts Leben. Sie erfährt erst mit 18 Jahren, kurz bevor sie das Elternhaus 1969 verlässt, von ihrer Mutter diesen Teil der Familiengeschichte — ganz gegen den Willen des Vaters.

Erst nach seinem Tod 2008 kann sie sich diesem Teil ihrer Familiengeschichte widmen. Recherchen in Deutschland und Norwegen bringen ihr viele Aspekte nahe, die sie in ihrem Buch als dritte Ebene einbaut. „Die drei Ebenen waren mir von Anfang an wichtig“, erklärt sie. Über tausend Briefe der Eltern waren eine wichtige Quelle. Doch die beste Unterstützung erfuhr sie direkt durch ihre Mutter und Co-Autorin Lillian Crott Berthung, die auch bei der Lesung in Krefeld anwesend war.

Die Gespräche von Mutter und Tochter, die Briefe und Tagebücher jener Zeit vermitteln ein lebendiges wie einfühlsames Zeugnis der schwierigen Famili-engeschichte. Dort, wo Quellen fehlten, fügte Randi Crott aus ihrer Fantasie Schilderungen hinzu, so dass eine stimmige und fesselnde Geschichte entstand.

Das Publikum in der Mediothek erlebte einen eindrucksvollen wie sehr persönlichen Abend und gleichzeitig eine Zeitreise in eine kaum wahrgenommene Vergangenheit — in eine Zeit und eine Region, über die wenig gesprochen wird. „Dass dieses Schweigen so weit verbreitet ist, hätte ich nicht gedacht“, sagte die Autorin.

Nach der Lesung nutzten einige Zuhörerinnen die Gelegenheit, ihre persönlichen Eindrücke und Erfahrungen von Norwegenreisen zu schildern.

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