Krefeld im Dunkeln: Mit dem Nachtwächter unterwegs

Heinz-Peter Beurskens hat Kindern das historische Linn gezeigt. Angereichert war das Programm mit Anekdoten und echten Rittern.

Krefeld. „Laut Beschluss des Linner Magistrates von 1682 müssen Kinder jetzt eigentlich längst in ihren Betten liegen“, sagt der Nachtwächter zu den rund 25 Kindern, die im Café Konkurs gespannt darauf warten, mit ihm einen Rundgang zu machen. Zum ersten Mal bietet der Linner Nachtwächter alias Heinz-Peter Beurskens eine seiner Führungen durch das historische Burgstädtchen ausschließlich für Kinder an. Der Erlös der Rundtour geht an die „Elefantengruppe“, einer Linner Spielgruppe für Kleinkinder.

Mit Laterne und Hellebarde weist der Nachtwächter den Weg durch die engen Straßen, bleibt hier und da stehen und erzählt historische Geschichten und Anekdötchen. Anhand der höher gelegenen Hauseingänge macht er auf die frühere Hochwassergefahr in Linn aufmerksam. Die Jahreszahl 1784, eine Hochwassermarke an einem Haus, gibt er als Zugangsparole für die Burg aus. „Hast du mal einen Zettel? Kann ich mir so nicht merken“, meint da ein kleiner Naseweis.

Als an einem nur 2,87 Meter breiten Haus in der ersten Etage plötzlich ein Fenster aufgeht, können die Kinder erleben, dass Nachttöpfe früher manchmal auch direkt von oben auf die Straße entleert wurden.

Weiter führt der Rundgang vorbei an einer Pumpe für die Straßengemeinschaft, dem Issumer Turm, Stadtmauer-Resten und dem Torwächter-Haus. „Schaut mal, in diesem kleinen Haus haben früher 16 Personen gelebt“, erklärt Beurskens. „Puh, die hatten aber kleine Zimmer“, staunen die Kinder.

Am Mühlenhof wartet Ritter Heinrich von Strünkede auf die Kinderschar. „Schnell weg, bevor er uns auch ausrauben will“, empfiehlt der Nachtwächter. „Das kann er vergessen“, schallt es da mutig zurück, und die ersten Schneebälle fliegen. Auf dem Weg zur Burg warnt der Laternenmann im schwarzen Gewand vor Leprakranken, die am Rande des Ortes leben müssen. Und schon treffen die Kinder auf Gestalten in weißen Umhängen, die gruselig klappern. Auch sie werden mit Schneebällen bedacht.

Am alten Schinderplatz an der Steinbrücke erzählt Beurskens die blutrünstige Geschichte von einem buckeligen Mann und dem Pferdeschlachter. Die Eltern, die ihre Kinder begleiten, wundern sich, dass die jungen Zuhörer bei der Schilderung kaum zusammenzucken.

Endlich geht es zur Burg. Alle können beim Landsknecht noch die Parole nennen und dürfen in den dunklen Burghof eintreten. Gespenstig ragt der Bergfried in den Himmel, und dazu gibt es wieder eine passende Geschichte von einer schönen Tochter, die sich nach der Ermordung ihres Liebsten vom Turm stürzte.

Natürlich darf bei dem Rundgang auch ein Stopp an den denkmalgeschützten Fachwerkhäusern an der Margaretenstraße nicht fehlen. Spannender finden die Kinder aber die Geschichte eines Hexers, der im Haus Nummer 32 gewohnt haben soll. Über die immer wieder eingeflochtenen Seitenhiebe auf Oppum schmunzeln die Erwachsenen.

Nach knapp zwei Stunden beendet der Nachtwächter seinen Rundgang am Café Konkurs, wo auf die Kinder ein heißer Kakao wartet. Sie dürfen diesen trotz Magistrats-Beschlusses noch in Ruhe austrinken und müssen nicht sofort ins Bett. „Ich habe nämlich eine Sondererlaubnis vom Oberbürgermeister“, scherzt Wirt Hubert Jeck. An den Tischen erzählen die Kinder noch ein wenig vom besonderen Spaziergang durch Linn. Nein, dass es vielleicht etwas gruselig war, das will kein Kind zugeben. Aber die meisten sind dann doch froh, nicht alleine nach Hause gehen zu müssen.

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