Karnevalstreiben: "Halt Pohl" — und das in der Seidenstadt

Die närrische Gemeinde steuert zügig auf den Höhepunkt zu: Das Wochenende hatte wieder einiges zu bieten.

Karnevalstreiben: "Halt Pohl" — und das in der Seidenstadt
Foto: Bischof, Andreas (abi)

<h3 style="text-align: center;">Uzvögel & Oraniendorf

Krefeld. „Lach mal wieder“ war die Aufforderung an das Publikum im Saal Gietz, als die GKG Uzvögel und die GKG Oraniendorf am Samstagabend ihre erste Gemeinschaftssitzung eröffneten. Gemeinsam mit einem gut gelaunten Publikum begrüßte Sitzungspräsident Manfred Albers zum Auftakt das Reitercorps Speick, das mit einem Medley für erste Gesangseinlagen im Publikum sorgte. Besonders herzlich und mit einem dreifachen „Halt Pohl“ wurde eine Gruppe Mönchengladbacher Jecken empfangen. Natürlich durfte auch das Krefelder Prinzenpaar Michael I. und Karin I. nicht fehlen. Mit ihrem Sessionslied brachten sie den Saal nicht nur in Stimmung, sondern auch in Bewegung. Bei „Krie-ewel op Jöck“ verbrennen Frauen über 200 Kalorien, bei Männern seien das ganze elf Altbier, klärte Michael seine jecken Untertanen auf. Ihm wurde auf der Bühne des Saals Gietz eine besondere Ehre zuteil, als ein Vertreter der Großen Allgemeinen Karnevalsgesellschaft aus Köln ihm den Sessionsorden verlieh. Im weiteren Programm konnte die Linner Burggarde Greiffenhorst mit einer Tanzeinlage das Publikum für sich gewinnen und Peter Kolb als „Ne komische Helije“ wurde als einer von zwei Büttenrednern des Abends gebührend gefeiert.

Jedes Jahr aufs Neue gelingt es der KG Fidele Jröine Jonges, ein attraktives Programm auf die Beine zu stellen, das auf Begeisterung bei den Jecken trifft. So waren es am Samstag beim traditionellen Lichtmessball um die 180 Narren, die in schlichter bis hin zu ausgefallener Kostümierung für farbliche Akzente im Raphaelsheim sorgten.

So bunt war das Karnevalswochenende in Krefeld
30 Bilder

So bunt war das Karnevalswochenende in Krefeld

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Von Beginn an war die Stimmung prächtig und es wurde in den ersten Reihen schon kräftig geschunkelt. Für Martin Schlippes war dies der erste Abend als Sitzungspräsident, die leichte Aufregung konnte man ihm aber nicht ansehen. Dann folgte auch schon der erste Programmpunkt: Ein älterer Herr betritt mit seiner Mutter die Bühne, denn sie suchen eine Schwiegertochter. Mit viel Ironie nahm das Duo das bekannte TV-Format auf die Schippe und begeisterte das Publikum. „Fast alle Darbietungen sind eigene Nummer unserer Mitglieder“, erklärt Yvonne Stey von der KG. Auch der Sketch „Polizeinotruf Krefeld“ strapazierte die Bauchmuskeln des Publikums. Mit Tanz, Pantomime und Gesangseinlagen jagte ein Höhepunkt den nächsten — die Stimmung hätte besser nicht sein können. Natürlich bekamen die Inrather Narren auch hoheitlichen Besuch: Das Krefelder Kinderprinzenpaar und das Dreigestirn „Treue Husaren“ St. Tönis gaben sich die Ehre. Mit einer Playback-Show, bei der Helene Fischer und andere Schlagerstars das Raphaelsheim zum Mitsingen brachten, ging der närrische Abend in Inrath langsam zu Ende.

Mit einem dreifachen Breetlook startete die KKG Nette Stölle Jonges in die erste gemischte Karnevalssitzung. Im ausverkauften Goldenen Hirsch in Hüls genossen rund 300 Narren das bunte Programm: „Der gesamte Abend ist ausschließlich aus eigenen Kräften gestaltet“, erklärt erster Vorsitzender Christian May. Mit traditionellen und modernen Büttenreden, Musik und Tanz begeisterte die Karnevalsgesellschaft ihr bunt kostümiertes Publikum.

Den Anfang machte die Kindertanzgruppe, die unter vollem Körpereinsatz tosenden Applaus erntete. Die Breetlooksfründe interpretierten Kinderlieder wie „Pippi Langstrumpf“ und „Eine Insel mit zwei Bergen“ völlig neu: Damit stieg die Stimmung bei den Hülser Narren, die lauthals mitsangen und schunkelten. Mit ihren 82 Jahren war Ida die älteste Büttenrednerin — sie feiert ihr 40-jähriges Bühnenjubiläum. Mit Witz und dem Charme des Alters sprach sie über die Probleme mit dem Navigationsgerät an ihrem Rollator. Belohnt wurde die Rednerin mit Lachanfällen und viel Beifall. Auch die beiden Clowns Dopp und Depp trafen den Geschmack des Publikums: Ihre sehr langsam gesungener Büttenrede sorgte für jede Menge Lacher.

Zweifelsohne war das Highlight des Abends der Männertanz: Neun stattliche Lillifees schwebten mit leuchtenden Flügeln grazil über die Bühne - was vor allem die Damen im Publikum begeisterte, die sich vor Lachen kaum auf ihren Stühlen halten konnten.

Den Abschluss machte die hauseigene Bigband der KKG. Mit Stimmungsliedern von Brings brachten sie den Saal zum Kochen, und auch der letzte Tanzmuffel tanzte schließlich bis in den Morgen hinein.

Ralf Klaassen und Dieter Weyers luden am Freitag zur Sitzungsparty in gemütlicher Runde. Ganz bewusst wurde für das neue Event der beiden Ex-Prinzen ein Ambiente mit intimer Atmosphäre und wenig Platz gewählt, erklärte der Uerdinger Prinz von 1986. „Das Problem des Sitzungskarnevals ist, dass die großen Hallen nicht mehr voll werden. Deswegen feiern wir den Karneval heute da, wo er auch ursprünglich beheimatet ist — in der Kneipe“, sagte Weyers in dem engen Eingangsbereich des Gasthauses „Zur Krone“. Das Konzept schien aufzugehen. In dem kleinen Kneipenraum herrschte eine ausgelassene Stimmung, und die bunt verkleideten Besucher standen eng zusammen. Dadurch entstand eine intime Atmosphäre.

Durch das Programm führte Dieter Weyers höchstpersönlich. Mit seinem bunten Clownskostüm passte er wunderbar zu den schillernden Outfits der Rosa Jecken. Diese begeisterten mit einer bezaubernden Travestie-Show. „Mimi Schrömer“ war bloß mit einer glitzernden Zirkusdirektorinnen-Jacke und einem engen Body-Top bekleidet. Somit wurde bei ihrer Darbietung zu dem Lied „Theater“ von Katja Ebstein der Blick auf die „längsten Beine Uerdingens“ frei. Einen Newcomer des Uerdinger Karnevals gab es auch zu sehen. Das doppeldeutige Gedicht der „modernen Frau“ kam so gut an, dass Alina Knabben gleich den Kronenorden verliehen bekam. Danach war der gesellige Abend noch lange nicht vorbei. Die „Oedingsche Jonges“ und weitere Gäste sorgten noch für viel Frohsinn unter den Gästen der Karnevals-Party.

Am Freitag feierten sich die Hülser wieder einmal selbst auf der Sitzung des Sechserrats. Als Motto hatte man „Unter dem Meer“ ausgegeben — grammatisch nicht ganz korrekt, denn unter dem Meer liegt Land!

Aber trotzdem schien das Heinrichsstift wie ein riesiges Aquarium. Da saßen Nixen, Wasserspinnen, Fischer und Fische, Jecke in Fischernetze gehüllt in den engen Reihen, und auch der Saal war liebevoll zum Thema dekoriert. Zwei Fisch-Drohnen schwammen gemächlich durch den düsteren Raum.

Als Kapitän übernahm David Drink, der neue Präsident des Sechserrats, das Ruder. Musikalisch wurde es auch maritim mit einem Shanty-Chor, der Abenteuer der Hülser unter dem Meeresspiegel besang.

Für den ersten Büttenreden-Auftritt ging es wieder an Land. Die Geschwister Eva und Christoph Hombergs nahmen den Baueifer des Limburger Bischofs aufs Korn. Der ist schuld daran, dass der Hülser Pfarrer Paul Jansen und Kaplan Dr. Thorsten Obst zu Obdachlosen geworden sind.

Zum Glück fanden die beiden in der Cyriakuskirche Asyl, wo sie nun in Schlafanzügen versuchen, sich am Altar in einer „PG“ — Priestergemeinschaft — häuslich einzurichten. Wohin schickt man den Lieferservice fürs „heilige“ Hähnchen, wenn man die Hausnummer der Kirche nicht kennt?

Näher am Wasser, nämlich den Meeren rund um den Gummistiefel Italiens, war die grün-weiß-rot gekleidete Tanzgruppe. Auf den Ozean wagten sich die Hülser Tratschtanten und schilderten Erlebnisse von einem Kreuzfahrtschiff.

Mit einem dreifachen „Parlament Salü“, zwei Prinzenpaaren und einer Überraschung für den Sitzungspräsidenten Jürgen Fischer feierte die Gesellschaft Parlament am Samstag ab 20 Uhr ihre Kostüm- und Prunksitzung. Sowohl das Krefelder als auch das Uerdinger Prinzenpaar heizten mit ihren Sessionsliedern dem Stadtwaldhaus richtig ein. Ähnlich gut war die Stimmung auch beim Auftritt der Band „Kölschraum“, die mit dem Hit „Brav sin“ auftrat.

Die große Überraschung für Jürgen Fischer war der Auftritt der Krefelder Tanzgarden mit dem „Krefelder Gemeinschaftstanz“. Er hatte dieses Projekt im vergangenen Jahr initiiert, die Premiere feierte die Gruppe bei der diesjährigen Prinzenproklamation. „Mich kriegt man so leicht nicht sprachlos, aber Euch ist das heute gelungen“, sagte er sichtlich gerührt und gab die Bühne frei für den wirklich guten Tanz der Krefelder Garden.

Geradewegs aus Köln auf die Bühne des Stadtwaldhauses kam Angela Krüll, die bekannte Rock- und Pop-Hits umdichtet und mit „Kölsch kommt“ (auf die Melodie von „Sexbomb“) das Publikum erfolgreich zum Mitsingen animierte.

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